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Peter Ablinger
HÖREN UM ZU SEHEN

ein Text von Peter Ablinger
veröffentlicht in: "Bilder - Verbot und Verlangen in Kunst und Musik", Pfau-Verlag, 2000
 

Ein Bild hielt uns gefangen

"Wer, zB., die schematische Zeichnung eines Würfels als ebene Figur sieht, bestehend aus einem Quadrat und zwei Rhomben, der wird den Befehl "Bring mir so etwas!" vielleicht anders ausführen als der, welcher das Bild räumlich sieht" (Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen 74). Entsprechendes wird man auch über die Klänge sagen können und annehmen müssen, daß jemand in einem bestimmten musikalischen Vorgang etwas anderes als Konstellationen von Geräuschen sehen wird. Kann man denn sagen, daß letztere Betrachtungsweise ("Konstellationen von Geräuschen") essentieller, wesentlicher sei? Das Wesentliche an, zB., klassischer Musik ist doch, daß man in bestimmten musikalischen Vorgängen etwas anderes sieht, als Konstellationen von Geräuschen. (Ich paraphrasiere Philosophische Untersuchungen 63:) Der Ausdruck aber, diese letztere Betrachtungsweise beinhalte eine Analyse der ersteren verführt uns leicht dazu zu meinen, jene Form sei die fundamentalere; sie zeige erst, was bei der ersteren wirklich dahintersteckt, was gemeint sein könnte. Cage behauptet von Beethoven, daß dessen Musik meinen würde was sie nicht sei. Wir denken etwa: Wer nur die unanalysierte Form besitzt, dem geht die Analyse ab; wer aber die analysierte Form kennt, der besitzte damit alles. - Aber kann ich nicht sagen, daß diesem ein Aspekt der Sache verloren geht, so wie jenem? Cage denkt vielleicht nicht, er beitze alles, aber er denkt er besitze das Wesentlichere. Er sagt, man müsse die Klänge der Musik so hören wie die die Klänge des Alltags. Aber wie hören wir die Klänge des Alltags. - Wir würden sehr bald überfahren werden, wenn wir etwa eine Kindertrompete und eine Autohupe nur in ihrer unterschiedlichen Tonhöhe und Lautstärke wahrnehmen würden.

"Wenn in Ihrem Pass steht: Einreiseverbot für Rußland, dann wird das nicht mit einem Bild ausgedrückt. Wie könnte das in einem Bild ausgedrückt werden?" (Jean-Luc Godard). In unserem Kontext: Das Bild ist nicht das Problem. Es ist unsere Beziehung zum Bild, die sich in der Sprache ausdrückt.

"Ein Bild hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unserer Sprache. Und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen" (Wittgenstein). Das Bild ist nicht das Problem. Es ist die Betrachtungsweise des Bildes. Aber auch nicht diese selbst ist ein Problem. Es ist die Einengung auf eine einzige, frontale, ritualisierte Betrachtungsweise. Es ist die Art des Blicks, die Art, wie wir vorm Fernseher sitzen. Nicht das, was wir darin sehen oder nicht sehen. Solange wir ein schwarzes Bild von Ad Reinhardt genauso anschauen wie eine Madonna von Duccio, ist nichts getan. Nicht einmal ein Bilderverbot eingehalten.
 
 

Der Weg führt nicht
mehr in die geschichtliche Zeit (Dialektik)
sondern in die Gleichzeitigkeit (: ich lese Heidegger).

Ich glaube, es war in "Zen, oder die Kunst ein Motorrad zu warten", wo zwischen Rhetorik und Dialektik eine eindringliche Unterscheidung formuliert wird, diejenige zwischen Qualität und Quantität etwa. Aber ich habe den Verdacht, daß Dialektik und geschichtliches Denken inzwischen ebenfalls zu rhetorischen Figuren geworden sind.

Mit Bildhaftigkeit in der Musik dürfte in den meisten Fällen die rhetorische Dramaturgie gemeint sein. Das heißt, daß etwas ist, weil etwas anderes ist. Letztlich: ein Begründungszusammenhang. Der ist aber noch nicht identisch mit Erzählstrukrur: Selbst so anti-narrative Formen wie die Musik des späten Nono mit seinem Gestus des Innehaltens und Verstummens, oder Feldmans Leisigkeit sind keinesfalls anti-rhetorisch. Gerade die in den letzten 30 Jahren zunehmende Tendenz, daß ein Komponist einen bestimmten Bewegungsmodus pflegt unter rhetorischen Gesichtspunkten zu untersuchen, könnte lohnenswert sein, und unter anderem zu Tage fördern, daß musikalische Rhetorik nicht unbedingt das Arsenal der kleinen Einschübe, Unterbrechungen, Andeutungen, Zitate, der rhetorischen Pausen und kurzen Ausbrüche bedeutet, sondern sich - vielleicht noch viel effektiver - mit einer monolithischen, großflächigen Vorgangsweise verbindet, die unter Umständen für ein ganzes Werk - vielleicht sogar Lebens-Werk - mit nur einer einzigen grundlegenden Figur auskommt. ("Und, sagte er, in der Kunst heißt Reichtum schlechter Geschmack", R.D. Brinkmann)

Ob auch die Gleichzeitigkeit als Figur zu fassen ist? Jedenfalls kann ich Vertikalität als geeignete Strategie zur Auflösung des linearen Erzähl- und Hörmodus begreifen: Rhetorik lebt davon, daß einer spricht. Form bedeutet hier: vertikale Form. Nicht mehr das Nacheinander, sondern quasi die Materialität von Musik, ihre spezifische Dichte, das woraus sie (in einem Moment/in jedem Moment) besteht, sozusagen, wie sie sich anfühlt: zB. kalt, rauh, hart, schleimig, gefroren, spitz, brüchig, etc.

Das Informell, oder: Was haben Liszt, Ligeti und Hespos miteinander gemein. Bei Liszt betrifft es vor allem die Virtuosität seiner Klavierkompositionen, unter der jede Form ihre Konturen verliert; bei Ligeti etwa die Kontinua seiner 60er Jahre Kompositionen; bei Hespos die sich der Gestalt entziehende Momentform. Dieses Informell ist psychologisch motiviert und hat es auf etwas wie unerforschte Ausdruckssphären abgesehen, und ist somit in jeder Faser Abbildung. Aber in den "unerforschten Ausdruckssphären" ist die Möglichkeit des Ornaments (dh. die Gelassenheit seines Nur-Hier-Seins, anstatt des Zwanghaften eines Wohin-Führens), die Ungewißheit des Fokus (dh. die Vielfältigkeit des Brennpunkts, der mögliche Positionswechsel des Hörers) bereits enthalten. Als Zuhörer will ich nicht nur mehr erfahren, sondern auch weniger.
 
 

Das Hören
von Klängen als Klänge
gibt es nicht.
Wir "hören" immer
eine Beziehung zwischen uns
und den Klängen.

Genausowenig wie Musik ein Bild ist, ist sie kein Bild.

Das Beste an der Musik ist ihre Selbstverständlichkeit. Will sagen: Ihre Sprachlosigkeit, ihre wesentliche Nicht-Sprachlichkeit - selbst dann noch, wenn sie Sprache imitiert oder begleitet - ihre Nicht-Deckung mit allen Diskursen der Welt. - Musik stimmt nicht überein. - Ihre Flüchtigkeit. Ihr Sich-Entziehen gegenüber allen Aneignungsversuchen. Schwingende Luft. Nichts zu kaufen. Kein Objekt. "Nur" ein Erleben (für das eine Eintrittskarte bezahlt wird).

Dieser gewaltige Vorteil der Musik (gegenüber der bildenden Kunst etwa) mag der Grund sein, warum sich die Neue Musik erlauben kann, so konservativ zu sein, so unbeweglich zu bleiben in ihren Grundannahmen und Dispositionen (Konzertstrukturen, Instrumentarium, Virtuosität, etc.).

Die Schwierigkeiten bei der Aneignung von Musik lassen uns aber auch keine andere Wahl, als immer wieder dasjenige auf sie anzuwenden, was sich am schlechtesten mit ihr deckt: die Worte und Begriffe. Daß sie, die Musik, dies so gefügig mit sich geschehen läßt, ist immerhin erstaunlich, aber wahrscheinlich der beste Trick, um sich zu entziehen: Gewähren lassen.

Solche begriffliche Anwendungen auf Musik sind eben auch die Bildlosigkeit, das Bilderverbot - ähnlich absurd im Grund, wie von hohen oder tiefen Tönen zu sprechen.

Die Worte - solche Begriffe - begleiten die Musik - und nicht umgekehrt. Sie gesellen sich ihr eine Zeit lang zu, wie streunende Hunde. Sie erhalten Nahrung von ihr, lecken ihr die Hand, und entfliehen wieder sobald ein Konkurrent im Anzug ist.

Zeit. Lieblingsmetapher der 50er Jahre. "Zeimaße": vgl. Galilei, der Wasser mißt, wenn er Zeit mißt.

Raum. 80er Jahre. Nono und der "Weg". Auch "Raum" ist eine schöne Metapher. Das Problem ist nur, daß niemand bemerkt hat, daß es eine Metapher ist. Man nimmt sie wörtlich. Das ist wie in dem Comic "Donald im Hörspielstudio": Donald wird als Geräuschemacher im Hörspielstudio engagiert. Der Erzähler liest: "Die Sonne lachte vom Himmel ...", Donald untermalt: "Ha,ha,ha,ha,ha".
 
 

Rauschen/
Verlust/
Licht

Rauschen: "Ins Nichts gehen, indem man die Existenz überfließen läßt" (Shuzo Kuki). Eine Art Gegenstück zu Konzentration oder Fokusierung: Ungerichtetheit, Fließen, Luft-Sein (wie die Berliner), selbst durchlässig sein, und das Vermögen, in alles einzudringen, ein Verbindungsprinzip, das dem der Liebe entgegengesetzt ist: die Nicht-Besetzung, der Verlust; weder die Macht über die Zeit (Geschichte, Legitimation, Gott), noch über den Raum (Besitz, Wissen, Gesetz).
Wie heißt der Parameter der auf Zeit und Raum folgt?
ZEIT - RAUM - RAUSCHEN
oder
ZEIT - RAUM - VERLUST
vielleicht ist LICHT eine Dimension, also:
ZEIT - RAUM - LICHT
Licht birgt die (scheinbaren) Gegensätze von Fokusierung, Aufmerksamkeit und Auflösung, Verlust und Rauschen in sich!

"Das Licht spielt in Schaffung und Beschaffenheit der Welt die Hauptrolle. Mit der Ausdehnung des Lichts folgt die Ausdehnung der Materie, die sich von der Form nicht mehr trennen läßt. Es ist also die dauernde Selbstveränderung des Lichts, welches die drei Dimensionen und die Körperlichkeit selbst schafft, sodaß der Raum eine Funktion des Lichtes ist und nicht mehr unabhängig von ihm oder im Gegensatz zu ihm." (Robert Grosseteste, 1175-1253)

Friesach in Kärnten, Kirche, Taufbecken: Der Täufer und der Getaufte haben beide dasselbe Gesicht, denselben Bart, denselben Blick, ... sind diesselbe Figur! Ähnlich: Gurk, Dom, Portalfresken: Gottvater und Gottsohn sind identisch. Eigentlich nur eine Angelegenheit fehlender Differenzierung - für den Maler/Bildhauer existiert eben nur eine Art, Köpfe zu malen oder schnitzen - eine Angelegenheit des Handwerks, der Konvention. Aber: welche tiefe Offenbarung liegt in diesem "Solipsismus". Eine mystische Erkenntnis! Wie bei Proust: das Ineinanderfallen zweier Zeiten und die daraus resultierende Aufhebung der Zeit. So auch hier: das Ineinanderfallen zweier Personen und die Aufhebung der Person: Die Aufhebung des Bildes: Eine subtile Umgehung und gleichzeitig Wiederherstellung des Bilderverbots. Angeblich wurde von afrikanischen Eingeborenen als Raub ihrer Seele, ihrer Persönlichkeit empfunden, wenn sie fotografiert wurden: Die Wiederholung des Menschen im Bild - das könnte uns hier weiterhelfen.

Symetrie und Wiederholung: Aufhebung von Individuum, Ort, Zeit und: Bild. Auflösung der Idee des Voranschreitens, des Irgendwohingehens. Ende des "Wegs". Redundanz. Aufhebung von Sinn. Hier Sein. Ins Sein eintreten wie in ein Zimmer.

Kein Bild. Keine Bilder. Minimaler Ausdruck von Präsenz. Gegenwart. Reduktion auf pure Gegenwart. Auf Klang. In jedem Klang Möglichkeit. Mögliche Erscheinung. Erscheinung eines "aus dem Stück Rausgehens". Aus der Zeit. Entfernung von der Zeit. Vom Voranschreiten der Zeit. Vom Voranschreiten des Gedankens. Kein Gedanke. Nur die Gegenwart der möglichen Erscheinung. Der Schein. Der Schimmer. Das Licht. Ein Lichtstrahl der auf die Gegenwart trifft. Die Erfahrung daß das immer möglich ist. Die Erfahrung des "immer". Immer immer. Kein "dann". Nur immer.

Redundanz. Qualität fängt mit Redundanz an. Es gibt kein Erhabenes ohne das Zuviel. Gott ist, was über die Information hinausgeht. Dagegen das Spezielle, das Besondere, das Einzigartige (Nicht-Redundante) ist das Gewöhnliche; Das, was die gewöhnliche, weil selbstverständliche Aufmerksamkeit fordert und in Anspruch hält; Das Schema, in welchem Wissenschaft, Intellekt, Individualisierung gleichermaßen enthalten sind. Dieses Spezielle, Besondere ist nichts als Ablenkung. Es lohnt die Aufmerksamkeit nur, um sein Gleiches, seine Wiederholung aufzudecken, um seine Redundanz ausfindig zu machen, indem man es in einen Ablauf anderer Besonderheiten stellt, um daraus ein Muster zu gewinnen: Ein Ornament, einen Mäander, dessen einzige Besonderheit seine ewige Wiederholung und Erneuerung ist. Ein endloses Band, das seine Einzigartigkeit darin hat, daß es einem freisteht, an jedem Punkt des Bandes den Blick abzuwenden von ihm, oder umgekehrt, wieder hinzusehen, und eine weitere Zeit damit zu verbringen dem Mäander mit den Augen zu folgen.

Ikonen. Obwohl die Ikone als das Bild gilt, "Bild" heißt, ist sie (auch) etwas ganz anderes. Fast Anti-Bild. Jedenfalls kein Abbild. Eher eine Membran, eine Verbindung hin zum Urbild, ohne daß Bild und Urbild miteinander verwechselt werden könnten. Und das ist in etwa das Gegenteil von der minimalistischen Regel, nach welcher ein Ding nur es selbst und nichts anderes als es selbst sein darf. Ikone heißt, sich kein Bild zu machen, und diese Intention immer und immer zu wiederholen.

Das Rauschen als vertikale Serie: 1000 Varianten des Gleichen - gleichzeitig. 1000 Pianisten spielen gleichzeitig, aber unabhängig (dh. in ihrem jeweiligen Stil) die Kreisleriana. Alles wird zum Wasserfall. Die Enzyklopädisten. Das Wohltemperierte Klavier. Die 40 Tage von Sodom. Alle Definitionen, alle Präludien und Fugen, alle Kombinationen von Körpern: gleichzeitig: Rauschen (das Ungeteilte des Lebendigen selbst; alles immer; und jeder hört darin seine eigene Melodie, und er kann mit Recht sagen, sie sei im Rauschen enthalten)
 
 

Wenn wir für eine Sekunde
aufhören könnten
uns selbst zu beobachten,
müßten wir
diese eine Sekunde lang
die Welt sehen.

Bilderverbot hieße in diesem Zusammenhang: die Enthaltung gegenüber dem encodierten Text der Welt. "Es bedarf ungeheurer Stärke und Enthaltung gegenüber Wiedererkennen, gegenüber impliziter Referenz, um die Welt zu lesen und nicht den Text der Welt, wie er schon zuvor für uns encodiert wurde" (George Steiner). Bilderverbot als: die Welt lesen und nicht den Text der Welt.

Anwesendsein; keine Fort-, Weiter-Bewegung, -Entwicklung; sondern Da-Bleiben; Da-Sein an einem Punkt; am Punkt; dem entscheidenden; die Membran, so dünn und durchlässig wie möglich zu gestalten: einziges Bemühen; immer gleiches Bemühen; keine Wiederholung; in Gang halten; Ausdauern; Aufrechterhalten; (G. Steiner:) "Beständigkeit".

Bilderverbot: Nicht das jüdische, Schrift und Sprache begünstigende, sondern ein anderes: Dasjenige, das durch die Bilder hindurchsieht, oder sie auch nur von der Seite betrachtet. Dasjenige, das die Sprache anhält, oder auch nur den Redefluss als Ornament erfährt. Dasjenige, das Sprache nicht als Kommunikation begreift, sondern als Ausfindigmachen von Sprachgrenzen (Wittgenstein: " ... so gelangt man beim Philosophieren am Ende dahin, wo man nur noch einen unartikulierten Laut ausstoßen möchte ..."). Dasjenige Bilderverbot, das die Kommunikation unterbricht, wie Schwarzfilm. Oder auch nur dasjenige, wo sich Sprache und Bild gleichermaßen der Eindeutigkeit der Abbildung entziehen, (vielleicht keltisch:) wo bestimmte Zeichen mit unbestimmten Dingen korrelieren, unbestimmte Zeichen mit bestimmten Dingen; wo Signifikant und Signifikat eine allenfalls lose Verbindung eingehen, sich verbinden und ihre Verbindung lösen in einer ununterbrochenen Bewegung; so etwas wie die ständig veränderlichen Wellenbewegungen eines Wildbachs, das ständig sich Erneuernde, immer weiter Fließende, auf der gleichen Stelle Erscheinende und im selben Moment Verschwindende - oder das Funkeln von Schneekristallen in der Sonne; das Lichterspiel auf einem See; der Rhythmus der Regentropfen bei beginnendem Regen ...

(Luis Charpentier über die gotischen Glasfenster:) "Dieses Glas reagiert auf das Licht nicht wie normales Fensterglas; es scheint zum Edelstein zu werden, der das Licht nicht völlig durchläßt, sondern selbstleuchtend wird. Selbst unter der ungehemmten und brutalen Einwirkung der Sonne projiziert das Glasfenster nicht - wie gefärbtes Glas tut - seine Farbe auf den Boden, sondern läßt nur eine diffuse Helligkeit durchscheinen. Von der Stärke der Trübung des Tageslichtes unabhängig, leuchtet es in der Dämmerung nicht schwächer als am hohen Mittag."

"Wenn du sehen willst, höre: Durch das Hören kommst du dem Sehen näher." (Der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux)

Am Portal des Domes zu Halberstadt, der ursprünglich zisterziensisch geplant war und noch die eigenartige zisterziensische Westfront aufweist, gibt es eine Jüngstes-Gericht-Darstellung, die eine der merkwürdigsten Darstellungen überhaupt sind, insofern eigentlich gar nichts dargestellt wird. Denn was diese Architektur in erster Linie vermittelt, sind Zahlen. Die wuchtigen romanischen Ornamentformen an der Rosette, an den Zierleisten, am Ziergestänge und an Blendenöffnungen: Man beginnt unweigerlich zu zählen. Innerer Rosettenkranz: 8 kleine Kreise um die große mittlere Öffnung; drumherum: 12 säulenartige Radspeichen mit den zugehörigen 12 kleinen Kreisen in der Verlängerung; drumherum: ein kreisrunder Fries aus 33 Halbkreisen; das Ganze überdacht mit einem abgewinkelten Fries aus 15 Halbkreisen; usw., usw.; insbesondere auch die Grundzahlen von 1 - 9 sind alle deutlich und an prominenter Stelle repräsentiert. - ... und erst auf den zweiten Blick entdeckt man die winzigen Köpfchen und Figürchen die sich zwischen Ornamentfalten und Säulenvertiefungen verstecken. Aber nur sie sind es, die die Architektur als Jüngstes Gericht bezeichnen. Das heißt: die Figur dient hier nicht zur Darstellung, sondern stellt lediglich eine Art Beschriftung der abstrakten Zahlenkomposition dar: Die Figur gibt der Zahl den Namen! Zu mehr ist sie nicht gut. (Vgl. das Verhältnis von Abbild und Urbild bei der Ikone: Abbild und Urbild sind lediglich durch die Namensgebung miteinander verknüpft: Das Abbild darf den selben Namen tragen wie das Urbild.)

Aus allen Bildern ausgehen: "... denn der Mensch muß aus allen Bildern und aus sich selbst ausgehen, und muß allem dem gar fern und ungleich werden." (Meister Eckehart)

Kein Bild. Kein Woanders: Jetzt. "Ich sagte einst, daß Gott die Welt jetzt erschafft. Würden wir sagen, daß Gott die Welt gestern oder morgen erschüfe, so würden wir uns töricht verhalten." (Meister Eckehart)

Gleichheit ohne Bild: "Es kann kein Bild geben ohne Gleichheit, aber Gleichheit kann es wohl geben ohne Bild." (Meister Eckehart)
 
 

Hunde

Noch früher hieß der streunende Hund "Skulptur". Das Entscheidende an "Skulptur" ist die Oberfläche, die Oberflächenspannung; das hat noch mit "Struktur" zu tun. Dann kam "Körper", etwas das sich zwischen Brust und Rückgrat befindet. Also ein durchsichtiger Körper, ein Körper aus Glas, bzw. das Mehr oder Weniger an Durchsichtigkeit, das Kontinuum vom Durchsichtigen zum Undurchsichtigen, das sich parallel zum Kontinuum von hörbaren zu unhörbaren Klängen denken läßt, vom Ton zum Rauschen. Also etwas, das mit Licht zu tun hat. Aber auch Licht bildet keine 100prozentige Analogie, läßt mich auf manchen meinen Wegen im Stich. ( - Woher weiß ich eigentlich, was falsch ist, wenn ich andererseits nicht anzugeben vermag, was richtig ist?)
 
 

Zwei Zeiten

Es beginnt zu regnen. Ich strecke meine Hand aus. Ich spüre den Rhythmus der Tropfen auf meiner Hand, der mir selbstverständlich und unergründlich zugleich erscheint. 4/4 sind dagegen das denkbar Unnatürlichste. Und ich möchte unsere Idee vom Rhythmus, die auf Relation und Reaktion beruht, austricksen, etwas finden, das hinter dieser Idee zum Vorschein kommen könnte. Wieder eine Idee? "... daß wir Narren der Natur so furchtbarlich uns schütteln mit Gedanken, die unsre Seele nicht erreichen kann" (Hamlet).

Es ist der Wahn, jede Erfahrung sofort in eine Idee von ihr übersetzen zu wollen. Jeden Moment in dem wir da sein könnten, sofort zu verscheuchen durch ein Bild vom Dasein. Ein Bild wird durch ein anderes ersetzt. Etwas durch das Wissen von Etwas.

Das Wissen von Etwas führt dazu zu denken daß Etwas ein Bild ist. Es lenkt aber davon ab daß auch das Wissen ein Bild ist. Oder ein Spiel. Die Kunst unterscheidet sich vom Wissen dadurch daß sie die Tatsache daß da etwas gespielt wird eher akzeptieren kann. Sie kann das Bild spielen, sie kann aber auch das Bild vom Bild spielen. Das Hervorgebrachte (die Schöpfung), oder den Hervorbringer (den Schöpfer). Aber beide Spiele, Mimesis und Demiurgie, führen uns nicht wirklich hinaus aus dem Wahn. Sie sind immer noch Formeln, Methoden, oder, wie Meister Eckehart sagt, Weisen: "Wer Gott in einer Weise sucht, der nimmt die Weise und verfehlt Gott", sagt er.

Die Identifikation mit dem Werkzeug, der Technik, der Methode: das ist das Machen. ("Ich möchte nichts mehr machen. Es gibt genug Gemachtes.")

Was mich erstaunt und fasziniert - immer wieder; so wie der Regen auf meiner Hand -, das ist die Selbstverständlichkeit des Rituals, sein absolutes und präzises Funktionieren: ins Konzert zu gehen, sich entsprechend anzuziehen, eine Karte zu kaufen, den Saal zu betreten, das Reden langsam einzustellen, der Auftrittsapplaus, die eintretende Ruhe, und schließlich der Moment des Auftaktes, der zwei Welten voneinander trennt: Musik und Nicht-Musik, zwei Zeiten, zwei Räume.

Es scheint mir die ausholende Geste des Geigenbogens bei gleichzeitigem Einatmen, bis zu dem Moment wo der Bogen die Saite berührt, ein grundsätzliches Tun, etwas das sich vom Machen ganz grundsätzlich unterscheidet. Es bedeutet, einen Rahmen zu setzen, innerhalb dem etwas - Anwesenheit - wahrscheinlicher ist, als außerhalb dieses Rahmens.

Technik, Methode hat darin nur mehr abschirmende Funktion: Unbefugten ist der Zutritt verboten. (Das ist meine Rechtfertigung für die "schwierigen" Stücke.) Dieses Denken ist elitär. Allerdings ist der Zugang zu dieser Art von Elite nicht mit Geld, Stand, Geburt, auch nicht mit Bildung zu erreichen. Eher als in der Prononcierung des Besonderen, mag der Zugang in der Wiederholung des Alltäglichen liegen. Roman Haubenstock-Ramati würde vielleicht von "Zärtlichkeit" gesprochen haben.

Wissen, Technik hätte so seinen Ort gefunden. Die präzise Konstruktion des Rahmens. Die genaue Bestimmung des Punktes bis zu dem Sprache und Definitionen reichen. Formulierung der Grenze. Die Grenze hat keinen anderen Sinn als überschritten zu werden. Und zwar permanent. Ich kann also Technik loslösen vom Machen und in Verbindung bringen mit dem Tun, mit dem, was die Musik abgrenzt von der Zeit - so wie Architektur einen Raum begrenzt.
 
 

Zwei Räume

So wie Archtitektur einen Raum begrenzt, ausscheidet aus seiner Umgebung, von diesem auf diese abstrahlt, den Raum als einen besonderen Raum gegenüber dem nicht umbauten vorführt, schließlich ihm bestimmte Lesarten mitgibt, durch ihn unsere Wahrnehmung beeinflußt, ihn selbst gestaltend definiert oder sogar interpretiert - so tut die Musik in Bezug auf die Zeit. So kennen wir das seit dem Barock. Musik als die Hervorhebung eines Stücks Zeit, als ein Herausnehmen aus der sonstigen Zeit.

Was aber ist der Unterschied zwischen der Luft die von vier Mauern und einem Dach umgeben ist, und der Luft außerhalb. Was ist der Unterschied zwischen 4'33" und der restlichen Zeit. Das ist leicht zu beantworten: Aufmerksamkeit. Aber was ich wissen will ist, wie sich diese Aufmerksamkeit von der sie umgebenden Unaufmerksamkeit unterscheidet. Es geht um die Unterscheidung selbst.

Wir meinen, "Raum" oder "Zeit" denken zu können, weil wir es von irgendetwas anderem unterscheiden, abgrenzen. Wir schaffen ein Bild, eine Interpretation des abstrakten Raumes indem wir einen konkreten Raum bauen. Das heißt, erst wenn Architektur einen konkreten Raum "begrenzt", erzeugt sie dadurch die Idee von Raum überhaupt. Das Begrenzen des Raumes, das Herausheben eines Stücks Zeit ist eine sekundäre Handlung, sozusagen auf einer späten zivilisatorischen Stufe stattfindend. Es funktioniert erst dann, wenn der konkrete Raum (die Musik) bereits den Begriff "Raum" ("Zeit") erzeugt hat: Nur innerhalb dieses Raumbegriffs können wir die erwähnte Abgrenzung vollziehen: Das ist der aufgeklärte Standpunkt.

Wir meinen Raum denken zu können. Aber wodurch unterscheidet er sich wirklich? Unterscheidet er sich? Sagen wir von: Wiese, Auto, Geschmack, blau.

Dabei verändert sich etwas.

Die Idee von der Abgrenzung ist profan, vielleicht bürgerlich, rational. - Ich reflektiere Eliade. - Die andere Idee sieht so aus: Ich setze einen Steinkreis und schaffe dadurch den Raum. Dabei gibt es keine Abgrenzung zu einem anderen Raum. Es gibt gar keinen anderen Raum. (Es gibt gar nichts anderes.) Wenn ich dagegen von Wohn-Raum spreche, ist das eine Verwechslung, das hat mit Raum nichts zu tun. Da müßte ich auch meinen Hut unter dem Begriff der Architektur abhandeln. Aber was ich meine, da hat Raum nicht mit Benutzbarkeit zu tun. Raum beginnt dort wo das Sinnlose beginnt.

Das Grundlose.

Musik beginnt, und hört auf. Das ist sinnlos. Und darin ist sie nicht-profan. Es ist ein Dienst am Unerklärlichen. Auch wenn wir sie mit Sinn vollzupropfen versuchen, sie zu profanieren, zu rationalisieren, zu domestizieren versuchen: das Grundsätzliche daran, das Anfangen und das Aufhören, bleibt sinnlos, bleibt rein.

Das eigentliche Problem ist das Zweckfreie selbst. Es auch noch zwischen dem Anfang und dem Schluß zu haben, irgendwie einzufangen. Nichts zu machen ist auch ein Zweck, eine Selektion, ist zB. Passivität. Man kann nur mit einem Zweck, einer Selektion, einer Idee, einem Motiv, etc. beginnen. Aber man kann den Zweck, die Selektion auch einigermaßen vergessen lassen: das ist schon ganz gut, es ist eine Methode: Man muß auch die Methode vergessen lassen. Aber vielleicht nicht ganz - es ist eine Klippenwanderung -, nicht ganz, weil sonst ist das Vergessen die Methode. Und das Vergessen vergessen ist schwierig. Besser gar nicht daran erinnern.

Die Methoden gehen dahin. Und schon ist man nicht mehr hier.

Hiersein.

Nicht der Raum: der Ort.
Nicht die Stille: das Schweigen.
Nicht die Zeit: der Moment.
Nicht einmal die Aufmerksamkeit: der Blick.

"Nicht alles, was ist, hat in diesem Sinne Präsenz, sondern nur das, was plötzlich sich seiner konzeptuellen Maske entledigt und durchsichtig wird auf jene Wirklichkeit, die kein Realismus-Begriff zureichend erfaßt", lese ich gerade in einem Vorworttext (von Karlheinz Stierle).

... durchsichtig wird ...

Dursichtigkeit. Undurchdringlichkeit. Dazwischen liegt "Matschigkeit" (Cage über Ives). Was alle drei Begriffe gemeinsam haben - jeder für sich, und als Kontinuum - ist die Ungeteiltheit.

Ungeteiltheit des Blicks. Ungeteiltheit des Moments. Aber nicht die Darstellung des Blickes ist gemeint, sondern das Angeschaut-Werden. Von Etwas. Von einem Klang, von einem Ort, von Dingen, die einfach da sind und plötzlich: einen anschauen.
 
 

Verrückung

Stille. Ich möchte die Stille nicht zum Objekt machen (zB. durch einen objektivierenden Zeit-Rahmen, als Pause, als 4'33"). Deswegen sage ich lieber Schweigen statt Stille, weil darin der der schweigt miteingeschlossen ist.

Objektivierung. Die lange Pause des Nachdenkens zwischen einem Handlungsimpuls und seiner Ausführung. Vgl. Proust: Die Beschreibung desjenigen als Metaphysiker, der etwas denkt, bevor er es ausspricht.

Licht. 5. Dimension. Durchdringung. Wahrnehmung. Bewußtsein.

Bebilderung. Etwas Umsetzen in etwas anderes. Ein Erlebnis in ein Gemälde. Eine Empfindung in Klänge. Übersetzung: Theorie in Klänge. Überlegungen über Syseteme in Systeme von Klängen.

Dagegen. Das Traditionelle. Das Weitergegebene - aber woher Genommene? Die Wiederholung.

Übersetzung. Schon der System-Gedanke ist einer der Bebilderung. Der Begriff System heißt, daß etwas, ein Schema, aus einer konkreten Situation herausdestilliert wird, um es auf eine andere konkrete Situation wieder anzuwenden, oder sogar mit Hilfe des Schemas eine andere Situation zu konstruieren. Das ist wie A-B-A. Eine zumindest doppelte Übersetzung, vom Konkreten ins Abstrakte zurück ins Konkrete. Natürlich gibt es kein zweites A, keine wirkliche Wiederkehr. Der System-Gedanke ist ein Operator zur Distanzierung, zur Entfernung, zum Nicht-Wiederkehren-Können, zur Austreibung aus dem Paradies, zur Dynamisierung, zu dem was wir Fortschritt nennen, zur Unumkehrbarkeit.

Dagegen. Bild-lose Kunst (arabisch, zisterziensisch), oder Abbildlose Kunst: Ikone, oder heute: konkrete Kunst (- zumindest der Begriff scheint das zu versprechen).

Musik/Rezept(?). Nicht erzählen. Nicht zu viele Identifizierungsangebote. Natürlich sagt man bei nicht-erzählender Musik gleich: meditativ. Das ist dieses Denken-Müssen in parallel geschalteten Bildern, das Bebildern (: da haben wir's wieder!). Darum: laut werden, schreien; laut und meditativ geht weniger gut zusammen. Oder andere ikonoklastische Verfahren (:zerhacken, 1-Minuten-Stücke, Brüche, Diskontinuitäten, oder "unangenehme" Klänge). Aber: alles wird zum Bild. Man ist ständig unterwegs. Tauscht das eine Bild gegen das andere. Ein Ausweg: nicht das Bilder-Verschieben sondern einfach ins Bild hineingehen. Durch das Bild hindurch. Das Bild-lose im Bild finden.

Immanenz und Transzendenz. Es ist mir recht, ich fühle mich bestätigt, wenn jemand nach einer Aufführung zu mir kommt und meint, daß das Stück eigentlich nicht in den Konzertsaal gehört. Er hat recht, aber ich kann ihm nicht helfen. Denn die Erfahrung des Nicht-Gehörens, des Darüber-Hinaus-Weisens kann ich nur in der Konstellation des Konzertsaals machen: die Erfahrung der Distanzierung, einer leichten Verschiebung, einer minimalen Verrückung der Raum-Grenzen: dessen was um uns ist, dessen was ist. Der Konzertsaal, der Guckkastenist dazu da, um über sie hinausgucken zu können. Der Rahmen rahmt hier nicht, er verweist auf das was er ausschließt.

Christus. "Der Mensch ist in Verstand, Wort und Geist ein Bild Gottes. Darstellbar ist, was als Körper, Gestalt, Umschreibung und Farbe sichtbar ist, also auch Christus als Mensch. Gott aber zeigte sich nicht im Wesen, sondern nur jener Form nach, in der er als Mensch geboren werden sollte" (Johannes von Damaskus, gest. 790). Was ein Argument für die Bilder im byzantinischen Bilderstreit war, läßt sich auch als Definition von Wahrnehmung lesen: Wie immer Gott sich uns zeigt, wir sehen ihn als Mensch, weil wir Menschen sind. Ich lese also die Menschwerdung Christi als Metapher für Wahrnehmumg. Christus ist die Melodie im Wasserfall. Er ist das, was wir von Gott wahrnehmen können. In Gott nehmen wir den Menschen war. Im Menschen das was über ihn hinausweist. Der Mensch ist das Bild. Das Bild ist nicht es selbst. Es ist etwas anderes.

Etwas anderes. "Das Bild verweist auf etwas anderes, das Idol nur auf sich selbst" (Libri Carolini, ca.790). Hans Belting unterscheidet: Die Ära des Bildes (bis zur Ranaissance), und die Ära der Kunst (nach der Renaissance). - Das ist eine Idee, eine schöne Unterscheidung, aber auch diese Unterscheidung ist immer. Daß es das präzise Bewußtsein dieser Unterscheidung lange vor der Renaissance gab zeigt schon das Zitat aus den Libri Carolini. Kunst die nur auf sich selbst verweist ist also ein alter Hut. Neu gegenüber den Libri Carolini ist nur die positivere Bewertung in der modernen Kunst. Was sollen wir also denken? Bilder oder Bilder? Welche Partei wählen wir?
 
 

Vom Lächeln

Solange warte ich, bis es/sie/er mich anlächelt. Das kann ein hübscher Junge sein, oder ein Problem, irgendeine Aufgabe, oder eine Frau, eine Marienskulptur, eine Landschaft, ein Klang.

Zeit und Raum sind nur Parameter des Lichts. Denn das Licht ist kein System. Das Licht ist keine parallel geschaltete Instanz. Das Licht ist immer etwas früher als die Erklärung.

Ich versuche etwas zu verstehen. In den Bereich der Begriffe herüberzuziehen. Oder noch besser: daraus zu entlassen. Aus der Umklammerung der Begriffe zu lösen.

Es ist so, daß wenn ich etwas verstehe, ich gleichzeitig weiß, daß es uninteressant ist. Verstehen hat zu tun mit verstellen. Es ist etwas das einem den Weg verstellt. Wie ein schwerer Schrank.

Schweigen. Dichte. Rauschen. Alles.

Entkonkretisierung: ein Zugewinn an Wirklichkeit. In Liturgie und Bild werden Wiederholung des historischen Ereignis (dh. die Gegenwart) und das historische Ereignis selbst in eins gesetzt. Auf diese Weise ist das historische Ereignis kein vom Betrachter getrenntes Objekt mehr. Es ist jetzt. Und das Bild, oder die Liturgie, die das Ereignis wiederholt, ist kein Verweis über sich selbst hinaus, genauer: es weist nicht irgendwohin, es bezeichnet nicht. Es ist. Es ist in anderer Weise wieder konkret - und konkreter als das "fact" des historischen Ereignisses - geworden. Es ist geworden. Es ist Wirklichkeit geworden. So wird der Widerspruch zwischen dem Konkreten und dem Verweisenden überschritten. Die gängige Alternative wird überschritten, zwischen Sich-Selbst-Meinen und etwas bezeichnen, das außerhalb der konkreten Gegenwart (eines Bildes, einer Darstellung, etc.) liegt.

"Das Bild ... ist als Bild an sich leblos, fängt aber im Gesicht der dargestellten Person ein Leben ein, das in deren körperlicher Erscheinung nur zu Gast ist." (Belting) Aber was bewirkt das Eintreten des Gastes? Wohl die Gastfreundschaft. Oder anders ausgedrückt unser Verhalten zum Bild. Unser Verhalten. Unsere Aufmerksamkeit. Unsere Offenheit. Unser Türen-Öffnen und Bereit-Sein. (Etwas anderes zum obigen Zitat: Der Gegensatz/die Unterscheidung von Gesicht und Körper trifft auf die grundsätzliche Unterscheidung von Membran und Rahmung der Membran bei den Ikonen. Die Unterscheidung von Gesicht und Händen einerseits und Gewand (Körper) und Hintergrund (inclusive Aura und Goldgrund) andererseits. Letzterer ist eigentlich ein Vordergrund, das wodurch wir hindurchschauen. Gewand und Umgebung sind in betonter Weise das "leblose Bild". Zweidimensional, formelhaft, ornamental, eine Paraphrase auf unser äußerliches, irdisches Vermögen der Würdigung, Huldigung: Schmuck, Ornamente, Edelsteine, Silberverkleidung. Das jedoch, was wir hinter dieser Rahmung finden können, das, was uns als "Gast" begegnen kann, ist ein Sprung von der Zweidimensionalität über die dritte und vierte Dimension, über Raum und Zeit hinweg in Teilhabe (:Teilhabe, Erkennen, Licht, Durchdringung, ...)

12. Jahrhundert. Hier entsteht auch der Übergang von der Wiederholung zur Interpretation. Als Vorlage für ein neues Bild von der Kreuzigung gilt nicht mehr ein älteres Bild von der Kreuzigung, nicht mehr ein Prototyp, sondern dient nun die Kreuzigung selbst, das neue Bild will selbst zum Prototyp werden. Nicht mehr die Überlieferung ist das Vorbild sondern die Wirklichkeit - oder sagen wir besser ein Bild von der Wirklichkeit. Das beginnt (schon vor 1100) mit einer Aufzählung narrativer Details in den Bildern und ebenso in der nun häufig auftretenden Gattung der Heiligenlegenden in Bildfolgen (meist um das Portrait des Heiligen herum gruppiert). Der entscheidende Schritt dieses Wirklichkeitsgewinns ist aber eine Hineinnahme einer "rhetorischen Psychologie" ins Bild. Eigentlich ist hier schon der Beginn der modernen europäischen Kunst, findet hier der entscheidende Wechsel gegenüber früheren Kunstformen und aussereuropäischen Kunsttradierungen statt. Ähnliches in der Musik: der Wechsel von der Reproduktion des Chorals zur kompositorischen (und wahrscheinlich improvisatorischen) Interpretation. Bzw. der Wechsel von der Ausschmückung zur sukzessiven Ersetzung. Was sich hier voneinander trennt - und zwar ein für alle mal - ist die formale und die philosophische Begründung (Vgl. Neuplatonismus: Trennung von Innen und Außen, Seele und Körper, Geist und Natur). Bis dahin war der Formenkanon identisch mit dem philosophischen. Eine Begründung - Rechtfertigung - war nicht notwendig solange die Tradierung funktionierte. Ab jetzt muß sich jedes Bild, jedes Kunstwerk rechtfertigen. Es kann nicht mehr einfach sein.
 
 

A und B

"Die Darstellung der Figur wird an einem doppelten Maßstab gemessen. Sie soll lebensecht wirken und dadurch das tote Malprodukt vergessen lassen. Sie soll außerdem noch ein anderes als das physische Leben, nämlich die überirdische Existenz der dargestellten Person, einfangen." (Belting)

Lebensechtheit und überirdische Existenz: Zwei Aspekte der Beschreibung, der Betonung. Im Angelsächsischen etwa: Betonung des Ersteren: Lebensechtheit, "Facts". Und doch: warum sich jemand die Mühe einer Beschreibung macht, ist nicht das Erste (Lebensechtheit), sondern das Zweite (überirdische Existenz)! Beschreibbar aber ist nur das Erste! Cage (etwa) ist unter diesem doppelten Maßstab durchaus meßbar: Cage und die überirdische Existenz. Seine radikale Diesseitigkeit ist nur eine andere Form des Darüberhinausgehens. Jede Kunst beinhält tatsächlich diese Überschreitung (von A nach B). Die Immanenz mit der sie sich manchmal gibt, ist nur eine rhetorische Form, um sich vor abgegriffenen, verschandelten Begriffen eines in Grund und Boden theoretisierten - oder noch schlimmer: praktizierten Überirdischen zu schützen. Es ist eine Umbenennung. B wird A genannt. (Tatsächlich kann der ganze Faktenfetischismus, der Dokumentarismus seinen religiösen Hintergrund nur leidlich kaschieren. Weder die Form, die litaneienhaft beschwörende Aufzählung, noch der inhaltliche Motor der "Facts", die unerbittliche Suche nach dem Ursprünglichen, Ersten, Authentischen, verweisen auf etwas anderes - auf eben diesen Hintergrund.) Auch Cage ist in diesem Sinne "zurückzuerobern".

Zu "doppelter Maßstab": "Das ist ein schwieriges Programm, zumal sich der lebensechte Ausdruck, wenn er in Bewegung ausartet, nicht mit der höheren Wirklichkeit verträgt." Ich denke dabei an die Unbeweglichkeit der konzeptionellen (amerikanischen) Kunst - und zwar gerade dort, wo sie sich um Realität, zumindest Realismus zu bemühen scheint; die Unbeweglichkeit durch "Tableaus", durch Verweigerung von Form=Rhetorik=Bewegung. Unbeweglichkeit ist also eine Strategie des Transzendenz-Erhalts.

Ich habe geschrieben: Kunst ist die Überschreitung von A nach B. Anders ausgedrückt: Kunst ist die transzendente Interpretation des "Immanenten". Allerdings gilt das erst für die Kunst der Moderne. Denn eine Überschreitung war in der älteren Kunst gar nicht angesagt: Sie war vielleicht ohnehin "jenseits": A, also Immanenz oder Lebensechtheit hat sie nicht nur nicht angestrebt, sondern das hat es nicht einmal gegeben. Erst mit der Forderung nach Lebensechtheit beginnt die Notwendigkeit der Überschreitung. Die "Kunst der Moderne" beginnt somit ca. um 1200.

Bewegung: Rhetorik: Form(en) (Aber vielleicht statt Rhetorik besser: Gestik. Rhetorik ist nicht etwas, das auf die Formen zielt. Eher auf eine Art Stillstand, Bewegungslosigkeit: Haltung! Rhetorik ist eher das Gegenteil von Erzählung. Ist das Gegenteil von Psychologie.)

Gestikulieren (Tragödie: wild herumfuchteln, wenn ohnehin nur passiert, was passieren muß, was von vornherein gewußt, bestimmt war. Natürlich: es gibt die Notwendigkeit des Erfüllens des Vorherbestimmten - das ist die "Zeit", - aber das Erfüllen - Gestikulieren - ist nicht die Wahrheit, sondern nur das Erfüllen der Wahrheit.)

Formen (Formen aufstellen ist eine Form des Gestikulierens. Dialektik ist so etwas. Oder die Symphonie. Das ist das Auseinanderlegen in die Zeit. Götterdämmerung. Bewegung, als ein Sich-Sträuben gegen die Einheit. Usurpation. Diebstahl. Bewegung ist ein Herausbrechen von Teilen aus dem Ganzen. Ein Anspruch auf Erklärung. Formdiskussion.)

Überschreitung von A nach B (Man könnte auch sagen: Kunst ist von vornherein B. Das was über A hinausgeht. Die Differenz von A (vgl. Redundanz). In 4'33" ist alles was in den vier Minuten und dreiunddreissig Sekunden passieren kann A. Aber die Rahmung, die Definition der Grenze dieses Passieren-Könnens, also 4'33" selbst, ist B.

A/B; "lebensechter Ausdruck"/"höhere Wirklichkeit"; Ausdruck (?)/Wirklichkeit (?); Realismus 2 (Thoreau)/Realismus 1 (Thomas von Aquin); "Facts"/Ideal; Phänomene, isolierte, sich selbst überlassene Dinge/Durchdringung; Konzeptualität/Intellektualität; Bewegung/Unbeweglichkeit; Bewegung und Sich Selbst Überlassen Sein des Objekts bei gleichzeitiger Unbeweglichkeit des Subjekts/(ideelle) Unbeweglichkeit des Objekts - quasi Gesetzhaftigkeit - bei gleichzeitiger Bewegung, Durchdringung des Subjekts; (amerikanisch)/(europäisch); auch: Phänomene/Schrift; Rhetorik/Gestik; Haltung/Form(en); auch:"Facts"/Psychologie; auch: Bewegungslosigkeit des Subjekts (Realismus 2)/Bewegungslosigkeit des Objekts (Realismus 1)

Der Hymnos der griechischen Liturgie: die Gleichzeitigkeit des Jubels der himmlischen und irdischen Chöre. Cherubikon: "Wir bilden die Cherubim geheimnisvoll ab und singen der lebenschaffenden Dreifaltigkeit den Lobgesang Dreimalheilig ..."

Die Gleichzeitigkeit von Oben und Unten macht offensichtlich eine Überschreitung von unten nach oben, von "lebensecht" zu "höhere Wirklichkeit", überflüssig; macht "Kunst" - wie wir sie heute verstehen: Kunst als irgendeine Form der Übersetzung - unnötig. Und solange dieses Oben-Unten-Verhältnis hält, ist auch jede Entwicklung, jeder Prozess, unnötig. Es wäre nur ein Abbröckeln, eine Verminderung, eine Distanzierung - eigentlich ein Frevel: es wäre wie wenn man alles hätte, aber etwas anderes wollte.
 
 

Akt und Arie

Als Bellini, der Madonnenmaler, sich um 1515 im hohen Alter anschickte, sich im damals gerade modernen Genre der Aktmalerei zu betätigen, blieben die schönen Gesichter seiner Nackten die gleichen wie vormals bei seinen Madonnen: Die Madonna wurde entkleidet, die Nacktheit wurde göttlich.

40 Jahre vorher, in den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts gab es das schon einmal bei den goldblonden Botticelli-Damen: ob Madonna oder nackte Venus, es sind die gleichen Frauenbilder, vermutlich dasselbe Modell.

Die Venus und die Madonna von Botticelli hängen in Berlin-Dahlem sogar gegenüber. Bevor ich diese Beobachtungen machte, hatte ich bereits in Wien bei Bellinis Nackter plötzlich das Gefühl, den Verdacht, daß sich Nacktheit und von einer Frauenstimme vorgetragener Sologesang mit Instrumental-Begleitung zur gleichen Zeit, aus dem gleichen Geist entwickelt haben müssen. Aus der Zeit um 1500 gibt es viele Stücke, die noch wie vierstimmige Chorsätze aussehen, während tatsächlich nur mehr die Oberstimme wirklich melodisch gestaltet ist, und die drei unteren Stimmen zusammengenommen einen homophonen Akkordsatz ergeben: Melodie und Begleitung. Ich denke mir, als das erste mal so ein Satz nicht von einem Knaben oder Kastraten sondern von einer Frau gesungen wurde, daß das ein vergleichbar atemberaubendes Skandalon gewesen sein muß wie der weibliche Akt in den Gemälden der Zeit, welche den Skandal für uns immer noch als erahnbar aufbewahrt haben.

Und die Stimme, die weibliche Stimme, wenn sie nicht mehr in einen Chorsatz mit Instrumentenverdopplung integriert ist, ... ich empfinde darin die Nacktheit. Es ist immer ein etwas peinlicher Vorgang: eine solistische Probe mit einer Sängerin, vielleicht noch allein in einem engen Zimmer hinter der Bühne. Es ist, wie wenn sie sich auszieht, um mir Modell zu stehen, und ich kommentiere nicht die Töne die sie singt sondern muß ihr ab und zu, errötend und mit vielen Entschuldigungen, eine kleine Korrektur ihrer Position, ihrer Stellung vorschlagen.

(Warum aber ist die männliche Stimme dagegen nicht nackt? Ein Tenor wirkt immer angezogen, geradezu geharnischt. Nackter vielleicht ist wiederum der Kastrat - auch mit einem Kontratenor würde ich mich peinlich fühlen, glaube ich. In diesem Sinn gefährdet und skanadlös ist auch die hohe Gesangsregistrierung bei vielen Rock-Sängern.)

Einstimmigkeit und Ikonen. Überhaupt: Einstimmigkeit! - Könnte man sagen: einstimmig = nicht erzählend?, mehrstimmig = erzählend? Andererseits: gleichzeitig = nicht erzählend, und: ungleichzeitig (nacheinander) = erzählend?

Klaus Theweleit meint, daß Polyphonie und Liebe miteinander unverträglich seien. Hier ist es ebenfalls die Parallelität von Einstimmigkeit und Liebe. Allerdings die Arie ist begleitet. Die Begleitung ist die Entkleidung: die demonstrative Unschuld. (Das andere ist bereits dagewesen, die Entzweiung ist irreversibel. Aber durch die Zusammenfassung von "allem anderen" zu einer Begleitung, bleibt ihr gegenüber der reine Akt der Solostimme, der Akt der Arie alleine übrig. Etwas was ent-kleidet ist, ist nicht mehr unschuldig. Zumal wenn die Nacktheit die Steigerung von Keuschheit sein soll, wenn also die bestmögliche Erfüllung des Gesetztes - der Schamhaftigkeit - durch die Ignorierung und Leugnung der Existenz eines Gesetzes überboten wird.)

Der griechisch-byzantinische Hymnengesang hat kein Gegenüber. Immer und überall findet er nur in Gleichzeitigkeit mit den himmlischen Chören statt. Kein Gegenüber: kein Drama. Kein Drama: keine Geschichte. Im Byzantinisch-Griechischen ging es bei den Melodien, worum es im Bild ging: ein Abbild nach dem Urbild zu schaffen (aus einem vorhandenen Repertoire von Melodiefloskeln zu schöpfen).

Einstimmigkeit und Nacheinander (Ungleichzeitigkeit) sind völlig verschiedene Dinge. Das ist so ähnlich wir der Solo-Gesang: vor und nach der Zeit der Mehrstimmigkeit, ist wie Ikone und Akt. Einstimmig ist der Hymnos, ungleichzeitig ist die (begleitete) Arie, das Lied, der Song.

Auf eine Art: Die intensivste Zeit der Mehrstimmigkeit war fast gleich am Anfang: im 13. Jahrhundert, als die einzelnen Stimmen aus erkennbar unterschiedlichen Musiktypen bestanden haben, und nicht nur verschiedene sondern sogar sich gegenseitig ausschließende Texte getragen haben. Eine Erzählung fand statt und fand nicht statt. Ein Konflikt, der erstaunlicherweise nicht zum Zerbersten geführt hat sondern zur Einebnung, zur Ästhetisierung in der Durchimitation des darauffolgenden Jahrhunderts. Erst die Oper ließ diese Idee von Mehrstimmigkeit, diesen horizontalen Konflikt in einen vertikalen kippen: in die Gegenüberstellung der einzelnen Stimmen im zeitlichen Nacheinender.

Einstimmigkeit: Linearität: Gedankeneinheit. Mehrstimmigkeit: Überschneidung: Erzähleinheit.
 
 

Das Schweigen

Ich frage mich manchmal warum Leute ins Konzert gehen und obwohl die Musik völlig langweilig ist, trotzdem still sitzen bleiben. Die Musik selbst, das was ist, kann nicht recht der Grund sein. Wenn wir Gründe suchen, finden wir natürlich welche. Irgendwelche ausgedachten Gründe die viel mehr Entschuldigungen sind als Gründe. Entschuldigungen fürs Stillsitzen. Die Entschuldigungen handeln natürlich immer vom Vorhandenen, von dem was ist. Oder sie handeln von irgendwelchen angeblichen Vorlieben. Sie sitzen still und entschuldigen sich anschließend dafür. Auch das Kritisieren ist so eine Entschuldigung. Warum hört man es sich denn schön still die ganze Zeit an, wenn man es nicht mag. Man mag wahrscheinlich nicht das was ist. Aber warum sitzt man still.

Ich glaube man sitzt still, weil man das mag was nicht ist. Oder anderes ausgedrückt: Man liebt das Stillsitzen um seinetwillen. Man liebt es still zu sitzen und eine plausible und allgemein akzeptierte Erklärung dafür zu haben: "Ich gehe ins Konzert". Man liebt es, einen guten Grund dafür zu haben, schweigen zu müssen und auch alle anderen schweigen zu wissen. Aber was wird verschwiegen. Was ist das das nicht da ist. Das um dessentwillen man schweigt.

Wir brauchen keine Antwort. Aber wir brauchen dieses Schweigen. Brauchen dieses Nicht-Anwesende, das in der Musik vielleicht stärker zum Tragen kommt als sonst wo.
 
 

Das

Das das woanders ist als in dem Guckkasten in den ich schaue. Ich der ich woanders bin als dort wo ich mich gerade sehe. Woanders als dort wo ich mich befinde. Empfinde. Der eigentliche Vorgang (Prozess) ist nicht in den Dingen (Objekten) er ist im Empfinden. Befinden. Im sich - irgendwo - finden. Die Dinge werden immer Dinge bleiben. Auch die Klänge. Das was sie verändert ist das wie wir sie finden. Wiederfinden. Immer anders. Dieses Finden und Empfinden ist aber das was all die Beziehungen zwischen uns und den Dingen impliziert. Und diese Beziehung ist das was den Prozess ausmacht und sich von den Dingen selbst entfernt. Die Dinge zu isolieren - oder die Klänge - führt nur dazu sie umsomehr zu Objekten zu machen. Erst das was wir mit den Dingen machen - in unseren Köpfen - die Beziehungen die wir zu ihnen aufnehmen - ist das was sich verändert. Sich und uns und die Dinge selbst. Wir müssen uns nicht so sehr mit den Dingen beschäftigen. Wir müssen die Beziehungen in Gang halten. Daß sie sich bewegen können.

Es war bestimmt eine notwendige Voraussetzung zuerst die Dinge, die Klänge, die Worte von ihren traditionellen Beziehungen zu lösen. Andere Beziehungen denkbar, empfindbar zu machen. Aber jetzt ist es Zeit mit den Beziehungen selbst zu jonglieren - keinesfalls sie in ihr altes Recht zu setzen (wie das Mitte der 70er Jahre geschehen ist: Neue Einfachheit, Neusymphoniker, etc.). Es geht sozusagen um eine Beziehung der Beziehungen oder um eine Auflösung - und ständige Neugruppierung - der Beziehung der Beziehungen (Hier fehlt der Überbegriff dafür: so wie Beziehungen das Verbindende zwischen Klängen/Dingen und uns ist, so fehlt ein Begriff für das Verbindende/das Gefüge von Beziehungen die unsere Welt ausmachen). Die traditionelle Beziehung der Klänge zueinander konnte gelöst werden. Es muß jetzt das traditionelle Gefüge von Beziehungen gelöst werden. Die "Befreiung" der Klänge hat dazu geführt sie einfach und an sich gut zu finden. Auch die Beziehungen sind gut. Die Findungen und Empfindungen - sobald sie nicht mehr in einem dramatischen/fatalistischen/schicksalsverhangenen Kontext stehen. Die Bedeutungen befreien - aber als solche! Nicht indem man sie zerstört. Desgleichen mit der Empfindung. Der Wahrnehmung. Dem Dasein selbst! - Tatsächlich scheint die Sprche hier an ihre Grenzen zu stoßen. Es ist die Empfindung der Empfindung die aufgelöst gehört um empfunden werden zu können. Es ist die Wahrnehmung der Wahrnehmung die aufgelöst gehört um wahrgenommen zu werden. Es ist die Bedeutung der Bedeutung? Das Dasein des Daseins???
 
 

Ohne Rückforderung

Ich glaube ich bin jetzt relativ nahe dran an dem wovon Feldman träumte: an der Oberfläche. Feldman dachte immer das hätte was mit Malerei zu tun: die Oberfläche in der Musik. Aber die Oberfläche in der Malerei ist entweder Gegenstand der Illusion oder der Desillusion. (Vielleicht gibt es ja ein paar Maler wo das nicht der Fall ist: Domenico Veneziano vielleicht; Feldman selbst sprach gern von dessen Schüler Piero della Francesca.) Oberfläche in der Musik ist keine Sache von Illusion oder deren Gegenteil. Es ist eine Sache von Dasein. Wie Ausgespuckt-Sein. Wie vor die Tür gesetzt werden. Wie sich selbst gegeben werden. Eine Gabe ohne Rückforderung.

Feldman nannte es Atmosphäre. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit auf das was sich unmittelbar mitteilt, auf das was einfach ist. Und nicht die Mitteilung durch eine wiedergegebene Information, Struktur, Form, etc. Er verschiebt den Akzent auf: unmittelbar und allgegenwärtig, anstatt auf informativ und linear. Atmosphäre beschreibt was überall in einem Werk anzutreffen ist.

Nun, es mag raffiniertere Begrifflichkeiten geben dafür, aber für mich, der ich einmal Jazz-Pianist war und Cecil Taylor nachgeeifert habe, ist das ziemlich einfach: es darf nicht klingen wie "klassische Musik". Was die Sache dann doch nicht so einfach macht, ist die Tatsache daß es auch während der klassischen Epoche Musik gibt die nicht "wie klassische Musik" ist. Feldman nennt Stellen bei Schubert. Ein Strauß-Walzer ist auch nicht wie "klassische Musik". Auch das "Minimalistische" bei Vivaldi nicht. - Vielleicht hat es ja wieder mit Redundanz zu tun. - Auch Bruckner (oft) nicht.

Was ist mit Wagner? Ich glaube er hat ein Drama hergestellt aus dem Gegensatz von Klang und Information (oder aus Klängen die sich durch sich selbst mitteilen und andererseits der "klassischen" Ausdrucksweise, dem erzählenden, rhetorischen Verlauf. - Es ist nicht war, daß Klassik, wie in der bildenden Kunst etwa, Imitation der Natur sei. In der Musik ist sie das gerade Gegenteil; sie gründet fast ausschließlich auf der aristotelischen Rhetorik ...). "Klang" bei Wagner ist die Natur, das Ungebändigte, somit das Anti-Rhetorische, das was nichts aussagt als sich selbst. Somit ist es das Berohliche, das die Situation, das Geschehen, das Handeln Gefährdende. Es taucht auch nur an den Rändern des Werks auf: als Einleitung, als Vorhang-Musik (das Es-Dur der Rheintöchter), es ist ebenfalls "Atmosphäre", aber nur in der Weise wie Kulissen eingesetzt werden. Die Sache selbst, die Handlung bleibt davon ebenso unberührt wie die Drohung allgegenwärtig.

Aber die eigentliche Liste der Nicht-Klassischen fängt erst mit Satie an. Dann lange nichts. Dann Varése. Dann wieder lange nichts. Dann aber: Feldman, Xenakis, Ligeti. (Es ist verrückt, aber es fällt mir schwer Cage wirklich dazuzurechnen. Liegt es daran, daß die radikalste Oposition immer an seinem Gegner haften bleiben muß? Der Einzelton-Charakter vieler seiner Stücke etwa: es gibt kaum was "Klassischeres" als den Atomismus der 50er Jahre Musik. Andererseits ließe sich eine lange Reihe "klassischer" Paradigmen aufzählen, die Cage lückenlos außer Kraft gesetzt hat. Aber in dieser Lückenlosigkeit ist schon wieder eine Deckungsgleichheit enthalten.) Fortsetzung der Liste: La Monte Young, Steve Reich, Alvin Lucier. Keine Europäer mehr? Nono vielleicht, der späte Nono, aber ich kann es nicht beschwören. Wichtiger fast: die "Nicht-Professionellen", die Nicht-Akademiker: Maria de Alvear, Georg Nussbaumer, Sven Åke Johansson, u.a. Und die Klanginstallateure.

Josef Matthias Hauer, Zwölftonspiel September 1956 für Klavier zu zwei Händen: Ich muß sofort an Josef Albers' Homage to the Square denken. Eine weitreichende und grundsätzliche Gemeinsamkeit ist sicher die Haltung die in solcher Arbeitsweise liegt und sich in dem auf Konzentration, Reduktion und Kontemplation ausgerichteten Serien-Produkt darbietet. Die Konzentration auf eine einfache Grundform: abgesehen von einer einfachen Rhythmik (Unterteilung des Schlags durch 1, durch 2, durch 3 und durch 4), läßt mich besonders die ausschließliche Verwendung von 4-Takt-Gruppen speziell an die Quadrat-Form denken. Reduktion auf eine völlig glatt aufgetragene Farbe, keine Überschneidungen von Farbwerten oder Formen. Bei Hauer entsprechen dem die chromatisch abgestuften Farbveränderungen (Harmonieveränderungen) und die Reduktion auf 4-stimmige Grundakkorde ohne Überschneidungen. Und die Kontemplation, die die zugrunde gelegten Kriterien sich selbst überläßt und nicht versucht durch individuelle Kommentare zu "beleben". Das Individuum hält sich selbst zurück und nimmt sozusagen eine beobachtende - allerdings bei beiden, Albers wie Hauer, keinesfalls emotionslose - Haltung ein. Das Beobachten ist ein Mitfühlen, ein Mitempfinden der resultierenden Stimmungen. Für beide ist dieser entstehende Ausdruck durchaus wichtig und bleibt ein zentraler Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit.
 
 

Würde die Wirklichkeit
an unser Bewusstsein rühren,
so wäre die Kunst
überflüssig
(- so ähnlich in:
Bergson, Das Lachen)

Es gibt keinen Berührungspunkt. Bergsons Abscheu vor der Idee, daß ein Ding dieses Ding für wie kurze Zeit auch immer sein kann, seine Leidenschaft für die Beweglichkeit ... Es gibt keinen Berührungspunkt zwischen dem Unausgedehnten und dem Ausgedehnten, zwischen Qualität und Quantität, zwischen Empfindung und Reiz. (J.Benda über Bergsons "Zeit und Freiheit")

Der Nebel ist das letzte Wort. "Dieser äußere Schein, mit dem sie uns bezaubern und enttäuschen und über den wir hinausgelangen möchten, ist das eigentliche Wesen dieser gewissermaßen keine Dichte besitzenden Sache - eine auf einer Leinwand festgehaltenen Fata Morgana -, die das Wahrgenommene ausmacht. Und der Nebel, den unsere begierigen Augen durchdringen möchten, ist das letzte Wort der Kunst des Malers." (Proust)

Ich konzentriere mich darauf einen bestimmten Ton zu finden für ein Stück. Ihn sozusagen herauszuarbeiten und allgegenwärtig werden zu lassen: in jedem Klang, Rhythmus oder sonstigen Detail. Alle definierbaren Parameter tragen nur dazu bei ihn zu finden, keiner der Parameter kann aber je mit ihm identifiziert werden. Auch die Form gehört als sehr wichtiger Aspekt zu diesen "Parametern". Die Serie sehr häufig. Und über den Ablauf der Serie hinweg eine andere hauchdünne Ebene gelegt. Die Serie ist das was zeigt, daß es nicht weitergeht und auch nicht weiterzugehen braucht. Und das andere, der Schleier darüber - er negiert das wieder? -ich weiß nicht - es ist eins. Serie bedeutet 1, 1, 1, 1, 1. Form ist 1, 2, 3, 2, 1 oder so etwas. Weitergehen ist 1, 2, 3, 4, 5. Ich versuche sie alle drei in der Hand zu halten.

Im süddeutschen Barock gibt es etwas ähnliches. Der Versuch, Langhaus und Zentralbau miteinander zu vereinen - aber "vereinen" ist schon schlecht: es in Schwebe halten. Johann Michael Fischer zum Beispiel. Sein Lebenswerk ist es, es in der Schwebe zu halten. Zu vergegenwärtigen. Den Ton zu finden. Nein, nicht zu "finden": ahnen zu lassen. Oder auch nicht zu "lassen": zu ahnen. Ihn zu tun. Ihn gefunden zu haben, ist es nicht. Das ist eher bei Domenikus Zimmermann der Fall. Er hat etwas gefunden. Er kann es "lassen". Oder "machen". Etwas gleitet davon ab. So schön die Wies auch ist.

Es geht eher um: Es halten. Aushalten. Es geht nicht darum eine Lösung zu finden. Etwas gleitet von der Lösung ab: Der Grund weswegen man danach gesucht hat.

Wahrheit und Ablehnung. Ich bin überzeugt davon, daß kein Begriff wirklich stimmen kann. Trotzdem sind Begriffe nützlich: gerade um herauszufinden wo sie nicht mehr stimmen. Ich wende Begriffe auf mich selbst an, suche eine Identifizierung (Das ist wie vor dem Spiegel einen Anzug anprobieren). Und nur durch diesen Identifikationsversuch kann ich spüren, wo genau die Nicht-Deckung (Ärmel zu kurz) stattfindet. Vielleicht könnte ich also sagen: Wahrheit ist das was nicht passt. Ich brauche also den affirmativen Umgang mit Begriffen um zu ihrer Ablehnung zu finden. Wahrheit existiert nur in der Ablehnung ihrer selbst.

Real ist, was der Zeichengebung sich entzieht (:über Lacan)

Umkehrung: Das Bezeichnte, das Bezeichenbare ist ein Negativ-Kriterium für das Auffinden des Realen. Das was ich verstehe, ist das was ich hinter mich bringen muß. (Es liegt nicht vor mir.) Es ist das Verstandene (Abgestandene, Verstellte, Verstellende), es ist eine Sackgasse oder gar keine Gasse: das Vergangene und das Gegebene sind keine Gasse.) Wenn ich einen Weg suche, so ist der Weg der besten Argumente - überhaupt: der Weg der Argumente - kein Weg. Er ist schon gegangen. Das Verstandene ist das Gegangene.

"Die Finsternis ist dem Lichte nicht sichtbar" (Dionysius Areopagita)

Die Maler haben ein Problem. Bilder befinden sich immer in der Spannung zwischen Etwas-Abbilden und das nicht tun. Auch nicht-gegenständliche Bilder sind immer nicht-gegenständlich. Also doch gegenständlich. Einzig das Ornament kann da vielleicht raus. - Bei der Musik ist das anders. Es sind nur die Worte die das Problem ähnlich erscheinen lassen. Die ein Problem erscheinen lassen. Auch ein Motiv ist eigentlich kein Motiv. Es sind Schwingungen, Töne, eine Tonfolge; aber es stellt nichts dar.

Und noch etwas anderes ist anders: Es gibt so etwas wie Beziehungen. Zwischen zwei Punkten im Raum oder auf einer Fläche kann nur der Geist eine Beziehung herstellen. In gewisser Weise also gibt es keine Beziehung. Bzw. die Beziehung ist nicht materiell (mütterlich). Zwischen 2 Tönen aber ist die Beziehung mütterlich, die Beziehung selbst ist da. Ist etwas Drittes. Denn 2 Töne erzeugen eine dritte Schwingung, zB. zwei nahe beieinander liegende Töne erzeugen eine Schwebung. Ein Drittes also. Die Beziehung ist. Und sie ist keine Täuschung. Sie ist. Und man kann sie hören. (Wenn also jemand ein Problem hat dann sind es die Instrumentalisten. Sie haben das Problem der Intonation. Wenn es die Beziehung nicht gäbe gäbe es auch keine Intonation, es wäre kein Unterschied zwischen einer rein und einer unrein gespielten Quint ...)
 
 

"Die Analogie zu bemühen,
was skulptural
an der Skulptur und was skulptural
im Film sei,
zeugt von einem grundsätzlichen
Unverständnis für das
Potential von Skulptur."
(Richard Serra)

Er hat recht. Begriffe wie "skulpturale Musik" etc. sind Krücken. Rechtfertigungen. Erklärungen. Beschwichtigungen. Warum nicht die Dinge sein lassen was sie sind. So beunruhigend wie sie sind. So unerklärlich wie sie sind. Musik. Klang.

A) Es gibt keine Linie in der Musik.
B) Es gibt keine Fläche in der Musik.
C) Es gibt keine Skulptur in der Musik, kein Herumgehen um den Klang: Wenn etwas herumgeht dann ist es der Klang selbst. Der Klang geht um uns herum. Das gibt es nicht in der Malerei, nicht in der Bildhauerei und nicht im Film. Das gibt es nur in der Musik.

Dichte ist vielleicht der brauchbarste Begriff. Vertikale Dichte (Spektrum); Horizontale Dichte (Zeit). Damit ist viel getan und gesagt. Allerdings fehlt da noch das Ohr, die Aufmerksamkeit. Der Hörer selbst. Und auch der Spieler ist darin nicht enthalten.

Begriffe.
Dichte.
Gleichzeitigkeit.
Sequenz, Periode (regelmäßig/unregelmäßig, periodisch/aperiodisch).
Logarythmisch/linear (temperiert/nicht-temperiert).
Inkonsequent: Spektrum. Klangfarbe. Horizontal/vertikal. - Was könnte der Horizont der Musik sein?
Besser: Frequenz und Zeit (statt Vertikale, Horizontale).
Aber: "Obertonspektrum" (es scheint, um den Begriff des Spektrums kommt man nicht herum).
Weiter: Welle, Wellenlänge.
Frequenz.
Schwingung.
Energie.
Räumliche Parameter: Nähe, Entfernung.
Schall, Ausbreitung (kugelförmig, gebündelt, gestreut).
Richtung, Gerichtetheit, Bündelung.
Ortung.
Reflexion.
Dämpfung. (Vgl. die Parameter eines Hallgeräts:) Raumvolumen, Hallzeit, Höhenabdämpfung, Beschaffenheit der Reflexionswände in Oberfläche und Materialität.
Lineares Rauschen (statt "weisses" Rauschen).
Transitive Verben: Rauschen, Klingen, Schwingen, Tönen, Gleichbleiben, Verlangsamen, Beschleunigen, Verdichten, Ausdünnen, ...

Was hören wir. Vom Nutzen und Unnutzen der Bildersprache in der Musik. Über Musik zu sprechen heißt in Bildern sprechen, bzw. in Termini die aus der Welt des Sehens und der Optik stammen. Das ist ebenso hilfreich wie sinnverwirrend. Es ist auf weite Strecken die einzige Möglichkeit aber gleichermaßen alle wirkliche Hörerfahrung negierend.

Beispiel Klangfarbe: Es gibt keine echte Alternative für diesen Begriff. Trotzdem stimmt er hinten und vorne nicht. Farbe ist etwas das von der Materialität des Farbträgers (eines Gegenstandes etwa) unterschieden werden kann. Das ist in der Musik nicht der Fall. Das was im Ton die Farbe ausmacht (die Zusammensetzung der Obertöne im Verhältnis zum Grundton) ist gleichzeitig seine gesamte Materialität. Wenn ich die Farbe eines Tones verändere verändere ich seine physikalische Beschaffenheit.

Begriffe: Rauschen. Ausnahmsweise ist es einmal umgekehrt. Mit dem Begriff des Rauschens dringt ein musikalischer Begriff in andere Bereiche ein; er wird auch im optischen Bereich angewendet, oder etwa in der Informationstheorie.
 
 

Motette

Liest man zuerst die rechten dann die linken Spalten vorliegenden Textes hat man es mit Notizen und Anmerkungen seit 1984 (an Material zum Thema war kein Mangel), etwa in chronologischer Folge und mit einzelnen Ergänzungen von heute zu tun. Die rechte Spalte ist also älter als die linke. Diese Art des Nebeneinanderstellens und der Vergleichzeitigung von Ungleichzeitigem ist nach dem Modell der Motette des 13. Jahrhunderts gebildet. In ihr können gleichzeitig Texte gesungen werden die sich nicht nur inhaltlich widersprechen sondern in verschiedenen formalen Sprachen stattfinden.

Die Interpretation des Bildes und seine davon abhängige Ablehnung oder Annahme scheint zu schwanken. Nicht nur in meinen Notizen und Überlegungen sondern in der gesamten Geschichte des Abendlandes von den Kelten bis zur allerjüngsten Kunst. Dieses Schwanken zeigt, daß es nicht um Bild oder Nicht-Bild geht, sondern um das was wir darin sehen. Unsere Beziehung dazu. Vielleicht ist dieses Schwanken geradezu die Konstante, vielleicht sogar etwas wie eine konstante Haltung, etwas das sich nur immer anders äußert. - Mit einer festgelegten Äußerung oder Definition würde man keine Konstante über die Jahrhunderte hinweg erreichen können. Man würde zu allererst ihren Widerspruch provozieren. Einer widersprüchlichen Haltung dagegen ist schwer zu widersprechen. Und schließlich: was bedeutet es schon ob wir ja oder nein zu etwas sagen. Entscheidend ist die Tatsache, daß wir dieses Etwas vor Augen haben und im Munde führen, uns damit auseinandersetzen. Dieses Etwas heißt ich - Bild. Ob der Gedankenstrich verbindet oder trennt mag variieren. Das Ich mag durch andere Pronomina, das Bild durch Nichtbild ersetzt werden - das sind alles zur Disposition stehende, dem freien Spiel von Geschichte, Laune, Politik offenstehende Variablen. Die Erfindung neuer Variablen ist gerade der Beweis für die Lebendigkeit und Konstanz des Komplexes ... ... ...
 
 

Abstraktion bedeutet
das Hören zu thematisieren.
Bedeutet die Ineinssetzung von Hörweise
und Hörbarkeit. Bedeutet
Abstraktion von einer Botschaft. Bedeutet
daß die Botschaft die Hörbarkeit ist.

Musik ist im Grunde abstrakt. Ein Tanz so abstrakt wie ein griechischer Mäander. Die Musikgeschichte dagegen ist eine Bewegung hin zum Naturalismus: Oper - Sonate (Rhetorik) - Sprachrhythmik - Variabilität, Komplexität - Mikrotonaliät und Geräusche. Abstraktionen wie zB. die Viertaktigkeit sind daher als reaktionär angesehen worden. Der Naturalismus = Fortschritt. Abstraktion = nicht erlaubt.

Während etwa die Geschichte der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts sich als eine Serie grundsätzlicher Haltungen darstellt zwischen denen die Synthetiker und Integrationisten einen beinahe geringeren Stellenwert einnehmen, geht die Musik fast ausschließlich den umgekehrten Weg und von synthetischen Zusammenhängen aus. Meist wird höchstens ein Parameter (zB. einer der Strukturgewinnung) erneuert während alle anderen auf der Strecke bleiben.

Das Einfache und das Komplexe. Darüber schreiben: wie das Einfache (Duchamps Pissoir) komplexe Reaktionen hervorrufen kann, und wie einfach der Ablauf des Komplexen (eine Oper) oft ist weil es eine Welt im Gleichgewicht erfordert; wie das Einfache jenes Gleichgewicht stören kann und unkontrollierte Prozesse in Gang setzen kann, und über die einfache Außenhaut des Komplexen:

Das Komplexe ist/erzeugt/erfordert eine abgeschlossene Welt. Die Außengrenze des Komplexen ist weitgehend abgeriegelt - und muß es sein weil es sich sonst in seinem Inneren nicht entwickeln/differenzieren kann. Was etwa in der Musik "Komplexismus" heißt hat seine Außengrenze am Konzertritual und an allen seinen Bedingungen. Es funktioniert und entfaltet sich nur innerhalb der klassischen Welt des Konzerts mit seinen Orchesterinstrumenten und Akademieabschlüssen, Dirigenten und Hierarchien, Konzertsäalen und Intendanten. Eine stabile Welt vollkommenen Gleichgewichts. Die Außenhaut des Komplexen ist einfach, seine Beziehung zu anderen Systemen stabil: es bleibt alles beim Alten.
 
 

Es geht nicht um die Klänge

Vor allem geht es nicht um eine Begrenzung der Wahrnehmung durch die Sinnesorgane. Die kugelförmige Ausbreitung des Schalls und seine räumliche Wahrnehmung durch das Ohr sind eine nützliche Alternative zum fokusierenden und linearen Vorgang des Sehens. Dennoch ist das Hören nur das Modell, der Gipsabdruck für eine Wahrnehmung die über die Sinnesorgane hinausgeht.

Hören mit den Füssen, mit den Eiern (und Eierstöcken), mit den Haarspitzen!

Ein kleines tragbares Transistorradio, daraus klingt eine Brucknersinfonie: der Frequenzgang der eingebauten Lautsprecher bildet ungefähr 15 % von dem ab was der Klang einer Brucknersinfonie in Wirklichkeit ist. Trotzdem passiert es, daß wir berührt sind: Und zwar nicht von der Lächerlichkeit der Situation sondern tatsächlich von der Gewalt und Größe einer Brucknersinfonie.

Für mich heißt das aber daß Cage falsch liegt und die Klänge nicht die Klänge sind. Die Klänge sind nicht die Klänge. Sie stehen für etwas anderes. Was aus Cages Idee vielleicht noch herauszuholen ist - und das ist auch nicht nichts - ist daß Klänge auf sich selbst verweisen. Niemals aber sind sie einfach. Man könnte in diesem Fall auch sagen: Die Klänge bilden sich selber ab.
 
 

(Einige Abschnitte der folgenden Überlegungen
sind solche, die die Lektüre von
"Thomas Crow: Die Kunst der Sechziger Jahre"
begleiteten; In den Abschnitten
über Clemens Greenberg
sind ein Teil der Formulierungen
aus diesem Buch entnommen.
Bei all diesen Notizen
wußte ich bereits,
daß ich einen Text über das Bilderverbot
schreiben sollte ...)

Clemens Greenberg und das Bilderverbot. Clemens Greenberg, war der Kunstkritiker der künstlerischen Emanzipation der USA, insbesondere der New Yorker Maler der 50er Jahre. Manchmal bedauere ich es, daß es solche Wortführer nicht auch für die Musik nach 1950 gegeben hat. Aber nur manchmal. Für Greenberg sollte jede Kunstform ihre genauen Grenzen definieren, durch entsprechende Kunstwerke anerkennen und für die Einhaltung dieser Grenzen sorgen. Malerei sollte demnach der Darstellung der Fläche und zweidimensionaler Formen dienen. Plastizität oder gar "Literarität" wären Verstöße gegen die Integrität der Bildebene. Es ging ihm um eine auf sich selbst bezogene, sich selbst genügende Abstraktion, in der jedes Werk mehr über das ihm zugrunde liegende Verfahren auszusagen hat, als über die Welt, die es umgibt.

"Nutzlos, unverkäuflich, unmanupuliert, unmanipulierbar, unreduzierbar, unfotografierbar, unerklärbar." (Ad Reinhardt)

Ernsthafte ästhetische Absichten waren dabei ausschließlich den traditionellen Ausdrucksformen zugestanden. (Es fällt auf, wie die Komponisten der New York School ihr Vokabular an den aus der Kunstwelt kommenden Begriffen schärfen. Die Selbstbezogenheit Greenbergs korreliert mit Cages Befreiung der Klänge von - literarischen - Bedeutungen. Die traditionellen Ausducksmittel erinnern an Felmans Anspruch auf einen erstklassigen Konzert-Flügel.) Dagegen Künstler wie Kaprow und Oldenburg traf Greenbergs Bannstrahl, da deren zeit- und ortsgebundene Kunst jede Beschäftigung mit dem Bildlichen außer acht läßt. Ein Problem hatte Greenberg sogar mit Barnett Newman. Trotz dessen kompromißloser Beschränkung der Malerei auf Oberfläche und Bildrand, erzwingen Newmans Bilder einen ständigen Wechsel des Betrachterstandpunkts und sind somit eine Reflexion auf die materielle Präsenz der Bilder, die wiederum Umgebung und Raum zu Konstitutiva der Malerei machen.

Für mich ist es etwas paradox, mich zu einem Zeitpunkt über das Bilderverbot zu verbreiten, wo ich gerade beginne, mich intensiv mit "Bildern" zu beschäftigen: Umweltaufnahmen, erzählende Elemente enthaltende klangliche Situationen und ihre Transformation in Instrumentalmusik. Aber Bild und Nicht-Bild sind gar keine Gegensätze. Auseinandersetzungen mit dem Bilderverbot waren zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Hilfe beim Hörenlernen. Das meint, kompositorische Entscheidungen nicht von strukturellen Ideen sondern von 100 % akustischen Variablen abhängig zu machen. Von Dingen die oft mit minimalen Veränderungen spielten - nicht um der Minimalität wegen, sondern um den Hörer dazu zu bringen die Ohren zu spitzen und nicht das formale Gedächtnis und den analytischen Verstand. Der Wunsch ganz und gar einzutauchen in Klang und die damit einhergehende Erfahrung wie das Nur-Hören einen ab- und erlöst vom tagtäglichen (und nächtlichen) unaufhörlichen Gedankenband im Kopf an dem wir durch unser Leben gezogen werden wie am unsichtbaren Faden.

Nicht-Erzählen war - ebenfalls zeitweise - eine Chiffre für diesen Wunsch. Eine Chiffre die im Nachhinein besehen nicht ganz korrekt benannt war (siehe: bilderlose Erzählung) - wie so manches andere auch.

Ein Suchrätsel: Wo ist der Feind im Bild?

Ich habe nie angenommen, daß Worte Recht haben könnten. (Man kann sie - institutionell, staatlich - für Recht setzen; das ist etwas anderes.) Umso leichter fällt es mir, mir selbst zu widersprechen. Die Worte umkreisen das von der Musik hervorgebrachte Faktum. Selbst wenn es manchmal aussieht, als würden Ansichten über etwas die Kunst definieren, so sind doch inzwischen Greenbergs Theorien Geschichte, während die Kunst für die sie gelten sollten, immer noch oder immer wieder unmittelbar und neu zu entdecken bleibt.

Dennoch will ich daraus nicht den Schluß ziehen, mit Worten vorsichtiger umzugehen. Wenn ich heute sage "es ist so", habe ich morgen die Chance zu erfahren, daß das falsch war. Wenn ich sage "vielleicht ist es so" bleibt das immer richtig und ich immer dumm.

Tautologie und Bilderverbot. Nach Greenberg ist es die Darstellung von irgendetwas, nach den darauffolgenden Minimalisten wie Carl Andre, Robert Morris oder Konzeptualisten wie Joseph Kosuth ist es überhaupt die ansprechende (visuelle) Verpackung, die die Integrität der künstlerischen Arbeit zunichte machen. - Die Künstlerin Sturtevant fertigte ab 1964 exakte Nachbildungen von Werken berühmter Künstler wie Frank Stella, Roy Lichtenstein an. Sowohl Darstellung als auch Verpackung sind in der Nachbildung auf irritierende Weise ausgeschaltet.

Vergleichbar erscheint mir manchmal der Umgang mit konkretem, an und für sich erzählendem Material wie etwa die Umweltaufnahmen von Stadtlärm, Autofahrten oder Menschenmengen. In der Verdopplung von Wirklichkeit liegt immer auch ein Stück Auslöschung ihrer selbst - vielleicht so, wie die Fotografie dem Fotografierten die Seele raubt.

Das Abbild raubt das Bild.

Oder so wie in einer spätbarocken Klosterkirche die Überfülle an Dargestelltem alles in einem einzigen Taumel, in Rausch und Extase auflöst, und verschwinden läßt. Ist die heutige Bilderflut vielleicht eine Steigerung dieses Vorgangs der Auslöschung und Hinwegspülung des Bildes? Es gibt zwar Bilder aber kein Bild mehr.

Tautologie 2. Es ist bezeichnend, daß gerade die Minimal-Künstler Judd und Morris begonnen haben, die traditionelle Aufgabenteilung zwischen Kritikern und Künstler aufzuheben und selbst das kritische Vokabular für die Beurteilung ihrer Werke zu liefern. Das Werk selbst, so aussagelos wie möglich, wird ergänzt durch eine aussagekräftige Verschiebung des Betrachter-Standpunktes. Die Geschichte der Programm-Notes von Komponisten im 20. Jahrhundert muß noch geschrieben werden. Die Alternative Bild oder Bildlosigkeit läßt sich gar nicht mehr allein aus dem Werk erschließen. Erst das Ganze aus Werk, Betrachter, Werkkommentar und Verschiebung des Beobachterstandpunktes kann darüber entscheiden. - Welche Bilder liefert der Komponist für seine bildlosen Werke?
 
 

Nichts Neues

Die 60er Jahre haben uns vieles gebracht. Nicht in erster Linie Neues, aber eine sensationelle Serie von Sensationen, die es erst wirklich abzuarbeiten gilt. Die 60er Jahre sind so etwas wie ein globales Buch der Rekorde: ein Highlight folgt dem anderen, die Rekorde reihen sich atemlos aneinander. Die 60er Jahre sind in dieser Hinsicht die Kulmination des 20. Jahrhunderts - danach kam der Knick in einer vermeintlich unaufhaltsamen Entwicklung. Es gilt heute - frei von jeder Ideologie und Utopie - zu überprüfen, was an den einzelnen Erscheinungen dieses Blitzlichtgewitters weiterhin brauchbar ist. Es wäre absurd, so viele Innovationen zu machen nur um der Innovation willen. Sicher: die meisten Erfindungen werden auf dem Müll der Geschichte landen. Aber es gibt zweifelsohne Fragestellungen in dieser Phase, die es verdienen, weiterhin gefragt zu werden und nicht gemeinsam mit der restlichen Kunstperlenkette vergänglicher Erneuerungen der Historie anheim zu fallen. Zum Beispiel die Thematisierung von Aufführungpraxis und Konzertsituation, die Einbeziehung von Improvisation und nichtschriftlichen Notationsformen, etc., sind viel zu wichtig, um sie als originelle Bestandteile einzelner Kompositionen historisch werden zu lassen. Damals ging die Diskussion etwa so: "Ich habe ein Stück gemacht, wo die Spieler nicht auf der Bühne sitzen." "Und ich dagegen habe eins gemacht, wo sie gar keine klassischen Instrumente mehr benützen.", etc. Jede noch so grundlegende und bedeutende Struktur/Idee/Erneuerung konnte jeweils nur für ein einziges Stück angewendet werden, ohne der Reaktion verdächtigt zu werden ... Das ist so absurd, wie eine Geige nur für ein einziges Stück zu erfinden.

Seit den 70ern gibt es zumindest im ökologischen Bereich ein Bewußtsein dafür, daß Dinge nicht nur erneuert, sondern auch erhalten werden müssen und daß davon unsere Existenz abhängt. Im Kunstbereich sei Jochen Gerz erwähnt, sein künstlerischer Anatz des Abschaffens, aus der Welt-Schaffens, Entsorgens, Abrüstens. Der notwendige Konservativismus, der eine sorgfältige Aufarbeitung der Innovationen des 20. Jahrhunderts gebietet, ist eine äußerst diffizile Angelegenheit, die ein viel größeres Differenzierungsvermögen erfordert als das Originalitätskriterium vergangener Jahrzehnte. Zu sehen, was taugt, um die Dinge in Gang zu halten - und was nicht. Es gibt kein Schlagwort, keine grundlegende Ideologie, die den Anforderungen genügen würden. Ein Rezept gibt es nicht. Aber auch die Skepsis gegenüber Rezepten ist kein Rezept. Manchmal ist es notwendig, so naiv an die Dinge heranzugehen wie am ersten Tag. Manchmal gilt es, in der Überzeugung zu handeln, als sei Adam und Eva Zukunft. Und ein anderes Mal bleibt nichts, als die Last eines ganzen Jahrhunderts auf sich zu nehmen, alle Skrupel, alle Zweifel, um nichts weiter zustande zu bringen, als eine geschriebene Seite wieder durchzustreichen. Die unbeschriebene und die durchgestrichene Seite berühren sich über Zeitalter hinweg. Und diese Berührung immer wieder zu aktualisieren, ist mehr als jede spektakuläre Erneuerung.
 
 

"Die künstlerische Arbeit
führt zur Niederlage.
Das wachsende Erkennen ist
das wachsende Bewußtsein
der Niederlage" (Agnes Martin).

Gestaltlosigkeit. Kann man sagen, daß die Stille gestaltlos ist? Eher ist sie der Hintergrund für die Gestalten; das weisse Blatt Papier, das nur darauf wartet, beschrieben zu werden; letztlich eine Idee, ein romantischer Traum von der Unberührtheit und Reinheit. - Und das Rauschen? Zwar verbindet es absolute Verdichtung mit absoluter Reduktion, und seine potentiell unendliche Redundanz (= Gestaltlosigkeit) können wir sogar messen - aber mehr auch nicht: denn wenn wir es hören erzeugen wir Gestalten. Ein Bilderverbot ist somit gar nicht möglich. Wir erzeugen immer Bilder. Daraus ergibt sich aber, daß - so könnte man sagen - das absichtliche Erzeugen von Bildern überflüssig ist. Sie entstehen von selber.

Vor einigen Jahren stand ich vor einem Bild von Agnes Martin, das aus zwei verschiedenen Arten grauer Streifen bestand, die sich in regelmäßiger Folge abwechselten. Ich brach den Ausstellungsbesuch ab, ging nach Hause und skizzierte mein erstes Weiss/Weisslich, das heutige Weiss/Weisslich 3. Die Weiss/Weisslich-Serie enthält vielleicht meine "gestaltlosesten" Arbeiten. Aber vielleicht hat sie auch mit etwas ganz anderem zu tun. In einigen dieser Stücke verschwinden ja nicht nur die Gestalten, es verschwindet auch der Hintergrund vor dem sie erscheinen könnten, der Rahmen in dem sie sichtbar würden ...

Die absichtlichen Bilder, die Bilderzeugnisse verstellen die unmittelbaren Bilder, das was ist. Das was ist, ist so grenzenlos und redundant wie das Rauschen. Es bietet uns keine Information, keinen Halt, wenn wir es nicht in irgendeiner Weise reduzieren, rahmen, filtern, in einen Kontext stellen. Jeder Gedanke ist eine solche Reduktion. Bilder aus dem Fernsehen. Klänge aus dem Radio. Wir stellen ein Bild vor das andere; das begrenzte, gezähmte Bild vor das unermeßliche, redundante Bild. Wir tauschen die Wirklichkeit gegen ein Bild von der Wirklichkeit ... - Der Kreis scheint sich plötzlich zu schließen: Ein Bild hält uns gefangen.


(Die originale zweispältige Version des Textes ist als Download-Word-Dokument hier erhältlich:)
Peter Ablinger - Hören um zu Sehen, 1984-2000 (109 KB)




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