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Musik und Wirklichkeit


Phonorealism
the reproduction of "phonographs" by instruments, since 1979



Grobkörnigen Fotografie / Umweltgeräusche, 2 Notizen 1979


Einmal, Once, 1986


Sitzen und Hören
Chair Projects since 1995


Quadraturen III ("Wirklichkeit")
"Reality", studies for computer-controlled player piano, since 1996


Mehr Wirklichkeit 2, More Reality 2, texts 1988-99



Die Musik ist die Beobachterin der Wirklichkeit, die Beobachterin der Beobachtung. Zur Abbildnerin kann sie (zumal die Instrumentalmusik) aufgrund der Struktur der Instrumentalklänge im Verhältnis zu zB. Umweltklängen – kaum werden. Obwohl ich mich gerade jetzt mit diesem Punkt beschäftige. Dass Beobachtung bis zur (affirmativen) Abbildung geht. Gerade im Versuch Wirklichkeit mit traditionellen musikalischen Mitteln abzubilden zeigt sich umso schärfer die Differenz. Es zeigt sich der Beobachter selbst: (:Selbstportrait!). Musik definiert sich gegenüber Wirklichkeit als Raster (chromatisch-tonhöhenmäßig und rhythmisch-zeitlich). Als sehr grober Raster sogar der der Wirklichkeit/ihrer Komplexität weit hinterherhinkt. Dieses Hinken ist gleichzeitig die Wahrheit des Beobachtens als auch ästhetisch. Das Hinken ist das Fassbare! Es ist das was wir sind/können. Es ist die Wahrheit der Beobachtung. (Notizbücher 1998/99)

Die Musik beobachtet die Wirklichkeit. „Musik“ definiert sich gegenüber „Wirklichkeit“ als Raster (horizontal-rhythmisch und vertikal-tonhöhenmäßig). Als sehr grober Raster sogar, der der Komplexität der Wirklichkeit weit hinterherhinkt. Aber dieses Hinken ist gleichzeitig die Wahrheit des Beobachtens, als auch selbst ästhetisch. Das Hinken ist das Fassbare! Es ist unsere Möglichkeit. (aus einer Programmnote zu Quadraturen IV 1995-98)

Dabei ist auch Wirklichkeit kein Selbstzweck. Zwar möchte ich mit einigen Arbeiten so nahe ran wie nur möglich – aber letzten Endes nur, um zu sehen, dass die Wirklichkeit nicht die Wirklichkeit ist. Ich benütze die Wirklichkeit um sie zu widerlegen! Ich befrage die Wirklichkeit um ihre Lügen festzuhalten! (7/99)

Mehr Wirklichkeit 3 / Hören in 4 Sätzen, 2002



Die Musik analysiert die Wirklichkeit.
(aus einer Programmnote zu Voices and Piano, seit 1998)

Um Wirklichkeit ins Spiel zu bringen, bedient sich Musik traditionell der Sprache (gesungene Sprache, sprachähnlicher formaler Aufbau der Musik selbst, Titelgebung, Programmhefttexte, etc.). Viel seltener ist schon der Versuch, Wirklichkeit unmittelbar klanglich zu erfassen: Die diversen Waldszenen und Vogelmotive der älteren Musikgeschichte werden da kaum die Ehrenrettung antreten können... (aus: "Metaphern (Wenn die Klänge die Klänge wären...)", in: Sabine Sanio, Christian Scheib (Hrsg.): "Übertragung - Transfer - Metapher", Kerber-Verlag, 2004; enth. in: ANNÄHERUNG, MusikTexte 2016

From Noise to Noise (Mehr Wirklichkeit 4)

Die Wirklichkeit ist ein Skandal.
Derselbe Skandal wie der Tod.

Beide sind unserem Denken, unserer Orientierung gleich unzugänglich. Und genauso wie wir den Tod in ein gesellschaftliches, kulturelles, geschichtliches Konstrukt verwandeln, in dem wir Religionen, Philosophien und Rituale entwerfen, die ihn einzubetten versuchen in unsere Denkweisen und Umgangsformen, genau so versuchen wir uns die Wirklichkeit zurechtzukonstruieren, indem wir Künste und Wissenschaften, Alltagsweisheiten und Poesien entwerfen, die uns vorspiegeln, dass wir fähig seien, über sie einen Diskurs zu führen, sie mit unseren Worten und Vorstellungen zu erfassen, zu erforschen, zu verstehen. Dabei ist dieses Erfassen, Forschen und Verstehen tatsächlich eine "Vorstellung", eine Show, eine Vorführung, ein Davorgestelltes, ein vor-die-Wirklichkeit- Gestelltes, etwas das genau den Zweck hat, uns daran zu hindern zu sehen was wirklich dahinter ist.

Denn tatsächlich ist das, was schon direkt neben uns beginnt so entfernt und unzugänglich wie das Universum: In Momenten in denen wir das Ritual "Poesie" aufführen, verdrehen wir unseren Nacken um nach ihm zu starren und einige unserer kleinlichen Wünsche und Sehnsüchte auf es draufzuprojizieren, wiederum, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, in welcher die Kälte und unendliche Redundanz uns aufspüren könnte (denn wir können sie nicht aufspüren), die sich vom Sternenhimmel bis zu unserer allernächsten Umgebung, dem einfachen Blick aus dem Fenster, erstreckt. (Notizbücher 2003)

Natur und Wirklichkeit

Die Natur hat mich zur Wirklichkeit geführt. So wie das Abstrakte zum Konkreten.

Die Natur hat mir den Horizont geöffnet, von einem Blick auf die Kunst zu einem Blick auf das, was nicht Kunst ist, und damit zu einem Blick von Außen auf die Musik, den Kunstbetrieb etc.

Die (unerfüllbare?) Sehnsucht nach dem Klaren und Reinen und Unmittelbaren wurde von der Natur angestachelt, und fand ihre Schutzheiligen in den abstrakten und monochromen Malern. Aber das (gefundene?) Reine, Klare, Leere war im gleichen Moment (des Findens) der Ort an dem die Gegenwart hereinbrach: das Vermischte, das Unklare, das Wirre und Alltägliche. Und letztlich war das Alltägliche - in seiner Unbemerktheit, in seiner Unwichtigkeit - die einzig mögliche Steigerung des Leeren und "Absoluten". Noch mehr "Nichts" als die maximale Abstraktion war nur mehr das Leben, das Banale, der Alltag! (aus: "Schwarz und Weiss", in: figurationen, Heft 2/2008

Drees, Stefan: "Sprachbezug als Werkzeug zur Wirklichkeitsbefragung. Zu einer kompositorischen Fragestellung im Schaffen Peter Ablingers", in: Musik - Kultur - Wissenschaft, hrsg. von Hartmut Möller und Martin Schröder, Rostocker Beiträge zur Musikwissenschaft und Musikpädagogik, Essen 2011


Music and Reality, Music as a tool for the observation of the non-musical, Lecture, University of Huddersfield 2013


Reinhard Kager: "Komponierte Wirklichkeit. Zur strukturellen Einbettung der Film- und Videoästhetik in Werken von Peter Ablinger und Bernhard Lang", in: Neue Zeitschrift für Musik, 6/2014





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impressum \ this page was created by Aljoscha Hofmann \  last edited 21.12.2002