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PETER ABLINGER - OPERA/WERKE
Erste Skizze, Mai 2001



 

1.Skizze, Mai 2001

(Einzelheiten und Aktfolge ungültig)
OPERA/WERKE
Stadtoper Graz
 


    Skizze zu einem Projekt:
    Musik/Klangkunst/akustisch-architektonische
    Eingriffe/Interventionen im Stadtraum

    Verschiedene Orte: traditionelle Orte der Kunst, und
    öffentliche Plätze in der Stadt (ihre Funktionen
    teilweise vertauschend)

    Verschiedene Zeiten: die Zeit des Konzerts, die Zeit der
    Installation, u.a. (nicht nur als Verknüpfung
    verschiedener Kunstformen, sondern auch als Abfolge
    verschiedener sozialer Muster: in Stuhlreihen sitzend,
    oder stehend mit Sektglas...)



Im Arbeitstitel findet sich die Oper, andererseits die Stadt Graz. Der Arbeitsprozess spielt auf die Oper an, indem er verschiedene künstlerische Strategien und Gattungen aufeinander bezieht – ohne sie zu vermischen, sondern gleichsam ein Netz aus unterschiedlichen Kunstäußerungen über den Stadtraum Graz zieht. Dieser Stadtraum wird zum Teil portraitiert, zum Teil manipuliert, in jedem Fall aber geht es um das Auslösen einer Selbstwahrnehmung, deren zentraler Sinn das Hören ist.

Das Gesamtprojekt umfaßt konzertante wie ausstellungsartige Ereignisse an verschiedenen Orten ebenso mitein, wie die Benützung ortsunabhängiger Medien (Stadtradio, Internet, Zeitungsinserate,...). Ich denke an eine Gliederung in Akte, wie bei der Oper, wobei allerdings jeder Akt einer anderen Kunstform gewidmet ist: Konzert, Klanginstallation, städtische Intervention, Hörspaziergeng,... Jeder Akt hat seinen eigenen Ort und seine eigene Zeit. Ausstellungsähnliche Teile sollten mehrere Wochen ausgestellt bleiben, während eher konzertante Teile nur 1x (evt. mit 1 bis 2 Wiederholungen) innerhalb der Ausstellungswochen stattfinden.

Die einzelnen Akte greifen Parameter der Oper wie „Das Orchester“, „Der Gesang“, „Das Libretto“, etc. auf, und unterziehen diese gleichsam einer funktionalen Umgestaltung. Einige Beispiele:

1. Akt: DAS ORCHESTER
Eine Installation auf einem öffentlichen Platz; die Situation eines Orchesterkonzertes ist aufgebaut, und im Wesentlichen durch Bestuhlung markiert; Sitzreihen fürs Auditorium, Stühle und Pulte der Musiker, Dirigentenpodest; Der Stuhl ist der klassische Ort für das Hören; Passanten können sich einen Stuhl aussuchen und verweilen; das Konzert ist die Stadt Graz.

Andere Variante für DAS ORCHESTER:
Orchestermusiker als lebende Klanginstallation im (zB.) Fußball-Stadium; die Spieler weit voneinander platziert; ein Ornament; das Publikum kann durch den Klang mitten hindurch wandern.


2. Akt: DER GESANG
Der Gesang ist der Klang der Stadt: Automotoren, Kaffeehäuser, Straßenbahnen, Kaufhäuser, etc; Verschiedenen Formen des Gesangs (vgl. Arie, Rezitativ, Chor) entsprechen unterschiedliche Inszenierungen der Stadtgeräusche: mehr oder weniger artifiziell, mehr oder weniger unmittelbar; Unmittelbar: im Stadtbereich tauchen Schilder auf, die auf bestimmte alltägliche Hörsituationen hinweisen (Schilder aufstellen); Vermittelt: ein Museum der Stadtklänge (Museums-Installation); Artifiziell: eine Transposition von Stadtlärm auf traditionelle Instrumente (Kammerorchesterkonzert).


3. Akt: DIE KULISSE
Architektonisch-akustischer Eingriff: eine riesige Wand/ein Paravent, zB. 100x20m, sie verstellt einen charakteristischen Ort des Grazer Stadtbildes; eine Kulisse, die nicht das Sehen bewirkt, die nicht die Handlung bebildert, sondern die das Sehen einschränkt, und jene Intentionalität fördert, die auf das Hören gerichtet ist.


4. Akt: DAS LIBRETTO Die Stadt mit einem Text/mit Texten überziehen; unterschiedliche Medien: Leuchtschriftbänder, Flugblätter, Plakate, ein lokaler Sender, Webseite, Zeitungsinserate, Lautsprecherwagen,... Texte über das Hören, Texte über die Klänge in Graz, andeutungsweise eine Geschichte, fiktive Personen, und etwas über die Philosophie des Projekts (:darüber, daß der Held dieser Oper der Hörende ist, daß sein Gral/seine Isolde die Wahrnehmung ist, und welche Feinde und Drachen es unterwegs zu erledigen gibt. Die Verführung/der Drache ist: zu denken, daß es um etwas anderes geht, als um mich, den Hörer, den Wahrnehmenden, daß vorgeführt werden könnte, worum es geht. „Die Leute meinen, daß es um das geht, was man ihnen vorführt.“ Die Verführung könnte figuriert sein als Verführerin: eine Frau, schön wie die Sünde, die überall dort zugegen ist, wo sich die Akte der Oper abspielen – man könnte also meinen, es ginge um sie!)

Andere mögliche Akte:

DAS OPERNHAUS: Umgekehrt zum in den Stadtraum projizierten Orchester, könnte der Stadtraum in das Grazer Opernhaus projiziert sein, indem dort Strukturen der Peripherie einer Stadt stattfinden, indem etwa aus der Oper eine Spielhalle geworden ist, oder ein Fitnesstudio – natürlich zur Anwendung durch das Publikum bestimmt...

DIE MUSIK: ein Streichquartett in der Mieder–Abteilung eines großen Grazer Kaufhauses; differenzierteste Kammermusik und das Rascheln von Seide; Exklusivität und Intimität (...eine Definition für „Neue Musik“?)

DIE HANDLUNG: der Hörspaziergang als eigener Akt, als eigene Form, eine Liste, Hinweise auf bestimmte Hörorte in der Stadt. Der Parcour, den jeder Hörer individuell abschreitet, indem er eine bestimmte – vielleicht einen Zusammenhang suggerierende – Folge von solchen Orten aufsucht. Auch wenn bestimmte Motive den Spaziergänger dazu verführen mögen, daß es da noch um eine verborgene Geschichte geht – so ist es doch er, der Hörer, der die eigentliche Handlung vollführt...

Auch DIE DRAMATURGIE ist vorhanden, wenn auch nicht unbedingt als eigener Akt: es ist die Abfolge von Szenen und Akten, die Inszenierung von sozialen Mustern und Verhaltensweisen, in denen man sich als Hörer/Wahrnehmender wiederfindet. Konzert, Vernisage, Bibliotheksbesuch, Stadtspaziergang, Kaufhaus dienen nicht nur als Träger unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksweisen, sie sind gleichzeitig auch Reflektionen über unser So-Sein beim Kunst-Wahrnehmen, über gesellschaftliche Rituale und Befindlichkeiten, über die Abhängigkeit oder Wechselwirkung von gesellschaftlichen Voraussetzungen und unserer Wahrnehmung.




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