back to: documentations

OPERA/WERKE

Eine Oper für verschiedene miteinander vernetzte Orte und Zeiten, ein modulares Konzept, das aus dem Zusammentreffen der unterschiedlichen Kunstformen, Literatur, Konzert, Installation, Film, Performance, Architektur resultiert, ein Work-In-Progress, das an jedem Ort, in jeder Stadt neu entsteht und den jeweiligen Ort, die jeweilige Stadt selbst zum Gegenstand der Oper macht.





OPERA/WERKE
Stadtoper Graz in 7 Akten
(2000 - 05)

Die Stadtoper Graz wurde realisiert im September und Oktober 2005 im Rahmen des Festivals Steirischer Herbst

Die Stadtoper Graz besteht aus 7 voneinander unabhängigen, aber aufeinander bezogenen Akten, wobei jeder Akt eine andere Kunstform etabliert, in diesem Fall: Installation, Konzert, Literatur, Performance, Architektur, öffentliche Intervention und Film mit Live-Musik. Einige der Akte sind ganz und gar ortsspezifisch und nicht in eine andere Stadt zu verpflanzen, andere Akte wiederum können gemeinsam mit gänzlich neu zu schaffenden Akten eine weitere Stadt- oder auch Landschaftsoper ergeben...



1. Akt: DER GESANG
36 Tische, 36 CD-Player
eine akustische Topographie der Stadt Graz in ca. 400 Einzelaufnahmen


2. Akt: DAS ORCHESTER
für CD und Orchester
2.2.2.2.,4.2.2.,Harfe,Klavier,10.10.8.8.6, 69 Minuten


3. Akt: DAS LIBRETTO
ein Buch von Yoko Tawada


4. Akt: DIE HANDLUNG
für 6 analoge Tonbandgeräte, eine Akteurin, und maximal 6 Besucher jeweils, 7 Minuten pro Durchlauf


5. Akt: DIE KULISSE
architektonische Intervention im Stadtraum, 6 weisse Korridore


6. Akt: DIE BESTUHLUNG
36 Stühle als Hörorte,
an täglich wechselnden Orten im Stadtraum


7. Akt: DAS PUBLIKUM
2 parallele Filme von Edgar Honetschläger,
und eine Komposition für Stadtgeräusche, Sprache und Instrumentalklänge
(2 Ensembles - jedes mit Flöte, Klarinette, Horn, Trompete, Posaune, 2 Violinen, Viola, Violoncello -, und 2 komputer-gesteuerte Klaviere), 69 Minuten



Hellhörig und hellsichtig machend, wird in der Stadtoper Graz auf jene elementaren Bausteine reflektiert, die Oper als Kunstform insgesamt konstituieren. Sieben autonome und voneinander unabhängige, zugleich konkret aufeinander bezogenen Hauptabteilungen formieren sich zu einem ästhetischen Reigen rund um den Themenkreis "Opera /Werke". Vollkommene Umwertung aller Werte: entschieden und emphatisch wird das gesamte Konglomerat Oper auf den Kopf gestellt und gleichzeitig werden konstruktive Vorschläge gemacht, welche Formen heutige Oper annehmen könnte. Es geht um das Zusammentreffen der verschiedenen Kunstformen (mit dem sie verknüpfenden Fokus auf das Hören), vor allem um die Autentizität der einzelnen Künste, ihre je eigenen Rezeptions- und Wahrnehmungsformen und die daraus resultierenden sozialen Muster: mit dem Sektglas in der Galerie, mit der Platzkarte in Stuhlreihen oder allein mit einem Buch. Und handelnde Person ist keine fiktive Gestalt, sondern ganz allein der Hörer und die auf das Hier-Sein bezogene Wahrnehmung. "Opera/Werke" zielt auf die Pluralität der Werk- und Wirkungsformen. Der Komponist beschränkt sich nicht mehr darauf, Notenpapier zu füllen. Er ist zugleich ein die Rolle der Musik und der Kunstinstitutionen reflektierender Klangkünstler und Klangökologe. Jeder der 7 Akte stellt denn auch eine eigene Kunstform dar: Konzert, Ausstellung, Architektur, Buch etc. Der 1. Akt, Der Gesang, im esc. hat nur vermittelt mit dem Phänomen vokaler Expression zu tun, ist vielmehr eine umfassende akustische Bestandsaufnahme des Phänomens Stadt - es ist die Stadt selbst, die singt - ein enzyklopädischer Stadt-Klang-Katalog, eine urbane Hörbibliothek mit 36 CDs und ca. 400 Aufnahmen von verschiedenen Orten in Graz. Einzelne dieser "Phonografien" spielen denn auch die Hauptrolle in der Uraufführung des 2. Akts mit dem recreation-Klangkörper in der Helmut-List-Halle: Das Orchester - ein Stück in 10 Tableaus und 11 Intermezzi. Das Libretto von Yoko Tawada ist ein für sich allein stehendes Buch, als purer Leseakt konzipiert, ein Text/Buch also, das weder vertont noch gesungen wird. Die Handlung ereignet sich in der Oper Graz (wo sonst gibt es noch Handlung?!), doch verhandelt wird die Dialektik von absoluter Stille und dem weißen Rauschen zwischen Zeit und Zimmerflucht. Eine 10 Minuten kurze Installations-Performance für jeweils maximal 6 Besucher. Die Kulisse ist geplant als große Intervention im zentralen öffentlichen Raum, als visuelle Schneise durch das gewohnte optische Dickicht der Stadt, um Herkömmliches an Bewußtseinsform und Wahrnehmung aufzuheben. Die Bestuhlung ist ein mobiler Korso mit 36 Stühlen, an verschiedenen Orten der Stadt aufgeschlagen zwecks möglicher Metamorphosen der Vermittlungen von Öffentlichkeit und Hör-Erfahrung. Das Publikum als letzter Akt in der Helmut-List-Halle mit dem Ensemble Zeitfluß Graz ist eine ästhetische Parallelaktion von Musik und Film unter dem Signum der "Utopie Kunst". Ein Stück für 2 Filme, 2 Ensembles und 2 computergesteuerte Kaviere. Es geht für Peter Ablinger und Edgar Honetschläger in The Audience um eine komplementäre Horizont-Erweiterung - für das innovative Erlebnis Kino, in Allianz mit der Klangrede einer authentischen Jetztzeit-Musik. Nicht zuletzt hier wird die ästhetische Toposforschung der Stadtoper Graz zur konzentrierten Bereicherung unseres "sinnlichen Bewußtseins".
(Wolfgang Hofer)



für detailiete Beschreibungen der einzelnen Akte
(Texte, Fotografien, Zeichnungen)
weiter zu:

1. Akt: DER GESANG
2. Akt: DAS ORCHESTER
3. Akt: DAS LIBRETTO
4. Akt: DIE HANDLUNG
5. Akt: DIE KULISSE
6. Akt: DIE BESTUHLUNG
7. Akt: DAS PUBLIKUM



Man sagt zurecht, jemand verstehe etwas von Kunst. Nicht: man verstehe sie, man verstehe Kunst. Das gilt es, vorab zu bedenken, lässt man sich auf die ästhetische Arbeit von Peter Ablinger nachhaltig ein. Und ohne Nachhaltigkeit geht da von vornherein gar nichts, auch wenn vieles, was einen dann mitnimmt, so leichthin aussieht, sich ausnehmend wie höheres Nebenbei. Da ist allemal ein überraschend Epatierendes darin, das nachgeht, mit oder ohne Zeitzündung der Erkenntnis. Allemal ist etwas besonderes in diesen Ereignislandschaften für alle und keinen, etwas, das en passant vollkommen neue Dimensionen eröffnet. Etwas, das in andere Horizonte von Bewusstsein und Erfahrung versetzt. Etwas, das vielleicht nicht sogleich, womöglich erst auf den zweiten Blick, durch ein Auf-Hören mit dem dritten Ohr Staunen macht, „buchenswert“ ist und merkwürdig – des umfassenden Merkens (auch nebenbei) würdig – bleibt. Nimmt man demnach wirklich wahr, was da alles auf einen zukommt, sieht nachher alles ganz anders aus.
aus einem von Essay von Wolfgang Hofer,
entnommen dem Programmbuch zu OPERA/WERKE
- hier der ganze Text:


DAZWISCHEN
VERSUCH, ABLINGERS OPERA ZU VERSTEHEN
von Wolfgang Hofer


Entwürfe und Rezensionen zu OPERA/WERKE:

KUNST UND KULTUR
ein Essay von Peter Ablinger, geschrieben 2003,
grundsätzliche Überlegungen zu Oper und Musiktheater


ÄSTHETISCHER WELTSPIEGEL
Betrachtungen von Peter Vujica
Der Standard, 17.10.2005


GRAZ - EIN UNVERGLEICHLICHES KLANGBILD
Beobachtungen von Barbara Preis
Die Tonkunst, 1.11.2005


ERSTE SKIZZE zu OPERA/WERKE
von Peter Ablinger
Mai 2001


MEHR WIRKLICHKEIT 3 / HÖREN IN 4 SÄTZEN
eine Vorstudie zu OPERA/WERKE
Wien 2002


TEN QUESTIONS ABOUT "CITYOPERA"
Questions by Chiyoko Szlavnics,
Answers by Peter Ablinger


Mitwirkende, und Daten zur STADTOPER GRAZ
1.-23.10.2005

ergänzende Informationen auf der englischen Version von OPERA/WERKE
siehe auch: Landschaftsoper Ulrichsberg

back to: documentations

impressum \ this page was created by Aljoscha Hofmann \  last edited 01.04.2006