back to: documentations

Peter Ablinger: 3 easy pieces

1.
akustische Unterbrechung/Rahmung
2 Durchgänge, schallgedämmt,
am Eingang zum Alten Hafen

2.
Sitzen und Hören
20 Stühle,
am Überseehafen

3.
Hand hinters Ohr halten/wegnehmen
4 Sockel mit Anweisungen,
zwischen Altem Hafen und Westhafen

3 easy pieces: 3 part installation in public space;
1: acoustic interruption/framing, 2 sound absorbant passageways;
2: Sitting and Listening, 20 chairs;
3: hold hands behind ears/remove, 4 pedestals with instructions



1.
erster Teil der "3 easy pieces": akustische Unterbrechung/Rahmung, 2 Durchgänge, schallgedämmt (Wismar, Ostseebienale 2004)
1st part of "3 easy pieces": acoustic interruption/framing, 2 sound absorbant passageways (Wismar, Ostseebienale 2004)


2.
zweiter Teil der "3 easy pieces": Sitzen und Hören, 20 Stühle (Wismar, Ostseebienale 2004)
2nd part of "3 easy pieces": Sitting and Listening, 20 chairs (Wismar, Ostseebienale 2004)



3.
dritter Teil der "3 easy pieces": Hand hinters Ohr halten/wegnehmen, 4 Sockel mit Anweisungen (Wismar, Ostseebienale 2004)
3rd part of "3 easy pieces": hold hands behind ears/remove, 4 pedestals with instructions (Wismar, Ostseebienale 2004)



Die Anweisungen auf jedem der in die 4 Himmelsrichtungen weisenden Sockel variieren von Sockel zu Sockel:
The instructions at each of the pedestals are varying acording to the 4 cardinal points

Anweisungen:
Instructions:

Nord/ beide Hände hinters Ohr halten/ linke Hand wegnehmen/rechte Hand wegnehmen/ rechte Hand hinters Ohr halten/ wegnehmen
north/ hold both hands behind ears/remove left hand/ remove right hand/ hold right hand behind ear/ remove

Ost/ beide Hände hinters Ohr halten/ wegnehmen/ linke Hand hinters Ohr halten/ beide Hände hinters Ohr halten/ wegnehmen
east/ hold both hands behind ears/ remove / hold left hand behind ear/ hold both hands behind ears/ remove

Süd/ rechte Hand hinters Ohr halten/ wegnehmen/ linke Hand hinters Ohr halten/ wegnehmen/ beide Hände hinters Ohr halten/ rechte Hand wegnehmen/ linke Hand wegnehmen
south/ hold right hand behind ear/ remove/ hold left hand behind ear/ remove/ hold both hands behind ears/ remove right hand/ remove left hand

West/ rechte Hand hinters Ohr halten/ beide Hände hinters Ohr halten/ rechte Hand wegnehmen/ beide Hände hinters Ohr halten / wegnehmen
west/ hold right hand behind ear/ hold both hands behind ears/ remove right hand/ hold both hands behind ears/ remove



other realisations of "3 easy pieces":

pictures 1-6: "3 easy pieces" 2012 at Królikarnia, Warszawa/Warsaw, pictures 7-11: 2007 at Tina B Praha/Prague




PETER ABLINGER: 3 TEXTE

...

Inwiefern ließe sich von einer "umgekehrten Perspektive" sprechen in Bezug auf das Hören.

Die umgekehrte Perspektive organisiert den Raum nicht vom Blickwinkel des Betrachters aus sondern vom Blickwinkel des Dargestellten.

Die Gestalt im Zentrum:
Nicht der Komponist oder der "ideale Hörer" bildet den Fixpunkt alles Wahrnehmbaren sondern eben "ein" Hörer/jeder Hörer/auch der unaufmerksame. Nicht das Wahrnehmbare ist das den Formverlauf Konstituierende sondern das Wahrgenommene schafft den Hörraum. Und Mittelpunkt dieses Hörraums ist jeder Hörer an seinem jeweiligen physikalischen Ort im Saal und an seinem jeweiligen geistigen Ort in Gedanken.

"Nur von der Gestalt aus gesehen 'stimmen' die Linien annähernd." (Hans Holländer)
Nur vom Dargestellten aus gesehen läßt sich der umliegende Raum verstehen. Alles ist auf ihn bezogen. Er ist kein beobachtbares Objekt mehr sondern der einzige Vermittler der Gesamtheit des Ortes. Ich glaube man kann sagen daß in einer umgekehrt perspektivischen Musik der oder das Dargestellte zur Identifikation mit dem einzelnen Hörer führt: Gerade WEIL von einem Dargestellten gar nicht mehr gesprochen werden kann. Das Dargestellte fehlt im Klang. Bzw. der Platz ist freigelassen wie in einem Spiegel. Der Klang/die Musik wird zum Portrait des einzelnen Wahrnehmenden.

"Von der Gestalt aus stimmen die Linien annähernd."
Eine Annäherung also. Ein Prozess/ein Vorgang.
Annäherung.
Die Annäherung als Prozess der nur stattfinden kann wenn die Musik/der Klang selbst quasi unbewegt ist: Der Klang ist das was uns hört/uns eingehend beobachtet. Denn nur wenn der Klang selbst unbewegt und absolut "aufmerksam" ist kann er uns Unaufmerksame/uns Bewegte erfassen/portraitieren.

(Aufmerksamkeit ist also keine Forderung an den Hörer mehr. Sie gilt als Forderung nur für die Musik selbst. Die Aufmerksamkeit des Hörers ist eher ein Hindernis/eine Verkrampfung. Das worauf sich die Aufmerksamkeit richtet ist zu sehr fixiert/zu sehr eingegrenzt. Unaufmerksamkeit impliziert das offene Umherschweifen. Und nur dieses kann uns zur "Begegnung" führen, zu dem was noch nicht von vornherein feststeht.)

(1995)



FÜR EINE PFÜTZE

Unser Blickfeld ist zu weit um zu sehen. Unser Leben ist zu viel um es wahrzunehmen. Sehen und Erkenntnis kommt nur aus der Einengung/Eingrenzung. Wir sehen etwas wenn wir eine Brille (Sonnenbrille) aufsetzen wodurch der Rahmen etwas kleiner und die Lichtmenge reduziert wird. Oder manchmal reicht es auch schon aus dem Fenster zu blicken - oder auch im Geiste durch ein "Fenster" zu blicken - zB. in einer Landschaft sich zu befinden und sie mit den Blicken eines Anderen/einer anderen Situation/eines Gemäldes oder Films zu betrachten. Wir erkennen etwas sobald wir den Ausschnitt einengen/ein Detail beachten; und Detail heißt: einen Rahmen setzen. Rahmen kann eine Denkweise/eine Methode/ein Kriterium - irgend eine Art von Filter sein. Das heißt aber: "Öffnung" - dieses beliebte Wort im Zusammenhang mit geistiger Entwicklung - gibt es gar nicht. Zumindest nicht in eben dem Zusammenhang. Wenn wir "Öffnung" sagen meinen wir eher Fokusierung/Öffnung in eine ganz bestimmte Richtung hin - also unter Umständen eher Eingrenzung: wir verwenden genau das gegenteilige Wort für das was wir meinen: eine sehr gute Methode! (Ähnlich der Gebrauch des Wortes "Freiheit")

Aber: wir bleiben meistens stehen wo wir gehen sollten; wir sind zufrieden mit einer Erkenntnis dabei zeigt sie uns doch eigentlich nur das was wir versäumt haben zu erkennen. Das Erkennbare verweist auf das Nicht-Erkennbare. Ein Blick durch das Fenster läßt mich das Licht deutlicher spüren durch den dunklen Rahmen. Der Blick verweist mich auf das was ich NICHT erkennen kann. Nur meistens gebe ich mich mit einer Erkenntnis zufrieden anstatt die Gegenwart des Nicht-Erkennbaren "zu atmen".

(1995)


KOMPLEMENTÄRE KUNST

Im Grunde arbeite ich daran daß das was man sieht oder hört nicht das ist was man sieht oder hört. Es ist eine Art umgekehrter Kunst. Kunst als Negativ. Oder besser noch: Komplementäre Kunst. Das was man sieht oder hört ist das Komplement zu dem was man NICHT sieht oder hört. Die Kunst ist aber nicht das was man sieht oder hört - das ist nur das Handwerk/Kunsthandwerk - die Kunst ist genau das Komplement zu dem was man sieht oder hört. Ist das dessen Außengrenze das Sicht- oder Hörbare beschreibt. Die Kunst ist exakt dort wo das Sicht- oder Hörbare aufhört. Die Standardsituation mit der ich es zu tun habe ist diejenige in der das Sicht- oder Hörbare/das Gemachte als das Kunstwerk begriffen (bewundert oder abgelehnt) wird: das goldene Kalb. Nur: das geht alles voll daneben. Die Kunst ist daneben. Ist das was übrigbleibt wenn man das Werk wie einen Scherenschnitt herausschneidet aus seiner Umgebung. Aaron und Moses. Verräter und Retter. Der Künstler ist beides in einem. Er verrät die Kunst um sie zu retten. Die Schwierigkeit besteht nur darin daß der VERRAT gefeiert wird und nicht die Rettung. Daraus entsteht das unaufhörliche Weitermüssen/den Verrat verraten müssen/immer und immer wieder. Die Rettung wird zur Flucht. Denn nur in dieser Flucht vor der jeweils gesetzten Manifestation/dem Werk/dem Kalb läßt sich die Idee des ANDEREN/des Im-Ausgesprochenen-Nicht-Ausgesprochenen/die Idee der Idee aufrecht erhalten...

(7/02)






Skizzen zu/Sketches for 3 easy pieces:


Plan vom Hafen in Wismar, mit Einzeichnung der 3 Standorte für "3 easy pieces"
Fussweg von (1.) zu (2.) = ca. 3 Minuten
Fussweg von (1.) zu (3.) = ca. 6 Minuten





erster Teil der "3 easy pieces": akustische Unterbrechung/Rahmung, Fotomontage, Alter Hafen
> Durchgang, Zeichnung und Maße
> Notiz: Holzwolle statt Schaumstoff




zweiter Teil der "3 easy pieces": 20 Stühle, Fotomontage, 20 Stühle auf Podest, Südseite des Überseehafens,




dritter Teil der "3 easy pieces": 4 Sockel mit Anweisungen, Fotomontage, 4 Sockel auf Podest, Brachwiese zwischen Altem Hafen und Westhafen;
Die Anweisungen auf jedem der in die 4 Himmelsrichtungen weisenden Sockel ("linke Hand hinters Ohr halten / wegnehmen / beide Hände hinters Ohr halten / wegnehmen / etc.") variieren von Sockel zu Sockel






Varianten, Vorstudien, Erläuterungen:





2 Durchgänge
2,20m x 2,20m x 2,20m
innen verkleidet mit akustischem Schaumstoff
(akustische Unterbrechungen, oder auch Rahmungen, insofern der Raum zwischen den beiden Durchgängen - ebenfalls 2,20m breit - nun besonders hervorgehoben ist gegenüber den akustisch abgedämpften Durchgängen)
Ort: Alter Hafen

Zu "akustische Unterbrechung" siehe auch "Weiss/weisslich 32"

zu: Durchgangsstücke, siehe auch "Transition-Pieces"





"Stadtetüde: 3 Unterbrechungen"
(eine visuelle Unterbrechung, eine akustische Unterbrechung, eine Unterbrechung des Weges)

3 geometrische Formen, Kubus, Rechteck und Säule (Zylinder), über den Platz verteilt:
eine Wand 4m x 8m
ein Durchgang 2,20 x 2,20 x 2,20
eine Hörsäule 2,60m hoch
Ort: Marktplatz

zur Funktion der Hörsäulen siehe das Projekt
"Altar"





"Wismarer Perspektiven"
Ort: Alter Hafen
vorne (vom Wassertor kommend) stehen Stühle in Reihen
in einigem Abstand dann 2 Durchgänge (siehe oben)
und in größerer Entfernung, an der äußersten (hintersten) Kante zum Wasser, steht ein 1,30m hoher Sockel
darauf steht:
"Hand hinters Ohr halten/wegnehmen"

zur Verwendung von Stühlen als Hör-Orte siehe die Dokumentation
"Stühle"



"Hand hinters Ohr halten/wegnehmen"
Version Kulturfabrik Zürich, 1999

Hinweisstücke sind Stücke, die (im Prinzip) nur aus ihrem Titel bestehen; man kann sie ausführen oder aufsuchen, man kann sie tun oder denken. Siehe die Dokumentation
"Hinweisstücke"



Zeichnungen: Peter Ablinger, Fotos: Maria Tržan, Christoph Metzger


this page was created by Aljoscha Hofmann last edited 26.1.2008